Den Port in die Zange genommen

Ein Abend im Weinkeller Cave de Vinhos im Vila Vita Parc Resort & Spa

Vila Vita Eingang

Vila VitaDie Algarve ist bekannt für eine Vielzahl an Luxushotels, aber nur wenige erreichen das Niveau des Vila Vita Parc in Bezug auf Größe, Kulinarik und Exklusivität. Wer will das so genau wissen? Mein Freund Grok natürlich, also eine KI – nach sorgfältiger Recherche. Und habe ich es ihr geglaubt? Nun ja: Als Daniel Simão, der Business Development Manager des Resorts, unsere kleine Gruppe von Reisebürounternehmern und Journalisten (beide Gruppen m und w paritätisch besetzt) mal eben kurz das Haus zeigen wollte, musste er schon gehörig auswählen: die Anlage erstreckt sich über 22 Hektar mit Gärten, Pools und 203 Unterkünften in direkter Lage an einer spektakulären Felsenküste. Die Zimmer und Suiten verteilen sich auf verschiedene Gebäude – und so ist’s auch mit den zwölf Restaurants und sieben Bars, die zum Resort gehören. Zwölf Restaurants! Alles dabei vom Gourmetrestaurant Ocean mit 2 Michelin-Sternen für Hans neuner und sein Team über das japanisch inspirierte Mizu Teppanyaki bis zum Vila Vita Biergarten mit bayerischer Küche und Bier (im Ort Porches, Shuttle inklusive). Und in der Aufzählung war der Weinkeller Cave de Vinhos, in dem wir nach der Site Inspection das kulinarisch-vinophile Angebot testeten, noch gar nicht dabei…

Weinkeller

TeamAus gutem Grund, denn der Weinkeller ist ja nur halböffentlich, hat keine festen Öffnungszeiten. Aber: man kann ihn buchen, um in einem ziemlich mundwässernden Ambiente stilvoll den Abend zu genießen. Im Cave de Vinhos befinde sich die größte private Weinsammlung Portugals (steht auf der Webseite), die Auswahl umfasst über 1.200 Posten, wobei der Schwerpunkt auf portugiesischen Weinen liegt – vom Schaumwein bis zum Port. Insgesamt lagern über 11.000 Flaschen unter der Erde – und wie immer bei solcher Auswahl: man tut gut daran, sich beraten zu lassen. Uns betuttelten am Tisch der Sommelier Rui Fernandes (im Bild links), sein Kollege Hugo Conceição (noch als Lernender…) – und aus der Küche schickte Chef João Sousa, der sonst im hauseigenen Atlântico Restaurant den Gästen einen spannenden Mix aus den Aromen der Levante mit denen des so nahen Atlantiks komponiert, sein Menü. Das machte einen eher regional dominierten Eindruck – aber wir waren ja auch eine an der Region interessierte Gruppe! Den härtesten Job des Abends hatte natürlich Daniel Simão – er musste alles probieren. Aber nicht nur fürs Foto hat er gelächelt: es gibt schlimmeres als gut zu essen und zu trinken.

Weine

Der Abend begann prickelnd – wie auch sonst? Der 2018 Hibernus Grande Cuvée Millésime Brut Nature – eine Cuvée aus Chardonnay, Arinto und Baga –  besticht durch seine feine Perlage und komplexe Aromen von Zitrusfrüchten, grünem Apfel und einem Hauch von Brioche. Am Gaumen ist er frisch, cremig und perfekt ausbalanciert, mit einer lebendigen Säure und einem langen, mineralischen Abgang. Könnte man nicht nur als Aperitif genießen, weswegen ich ein wenig davon in die (algarvoisch-üppige) Vorspeisenvariation rettete, wo er mit den offiziell dazu ausgeschenkten 2022 Ramalhosa Dão DOC Encruzado und 2020 João Clara Negramole Reserve ein prima Trio abgab.

VorspeisenDer weiße Encruzado aus der Dão-Region präsentiert sich mit intensiven Aromen von Pfirsich, Zitrusblüten und einem Hauch von Kräutern, untermalt von einer subtilen Mineralität. Am Gaumen zeigt er eine frische Säure, cremige Textur und eine elegante Struktur. Der Rote kam von der Algarve, und die autochthone Negra Mole-Traube konnte mal wieder zegen, was in ihr steckt, wenn erfahrene Winzer*innen sich damit beschäftigen. Tiefen Aromen von schwarzen Beeren, Pflaumen und würzige Noten von Pfeffer und Nelke. Samtigen Tannine und eine ausgewogene Säure – ein merkenswerter Wein für die Fleisch- und Käseanteile einer Vorspeisenplatte. Wir naschten dazu handwerklich hergestelltes Brot mit allerfeinstem Olivenöl, Oliven und den tpischen Algarve-Möhren. Mehr als nur Naschen ergab sich beim 30 Monate gereiften Schinken – die Hand wollte immer wieder zum Teller geifen, was für eine Kombi aus Salzigkeit und Umami! Rinderlende „pica-pau“, Essiggurken und Knoblauchgel waren ein Höhepunkt der Fleischabteilung bei den Vorspeisen: wie ein Specht (auf portugiesisch eben pica-pau) piekst man sich die kulinarischen Köstlichkeiten auf den eigenen Teller (oder gleich in den Mund, aber wir waren ja im ersten Haus am Platz: also besser doch erst auf den Teller). Ähnlich erging’s der Spanferkelkrokette mit gerösteter Knoblauchsauce, den Kabeljau-Beignets mit gerösteter Paprika-Mayonnaise und den Shrimps mit Knoblauch: keine(r) sagte das Wort Geschmacksexplosion! – aber alle spürten sie, bei jedem Biss.

Decanter

Zum Hauptgang schlug Rui – der bis dahin schon mit einer Lockerheit, die nur Leute mit viel Fachwissen sich leisten können, alle Weine anschaulich erklärt hatte – ein neues Kapitel auf. Nennen wir es in Anlehnung an handwerklich große Kunst der Uhrmacherei: wie kann man mit Komplikationen den Abend spannend und kruzweilig gestalten. Der Anfang sah harmlos auch, den 2020 João Clara Negramole Reserve hatte der Sommelier in den Mamba-Dekanter von Riedel gefüllt. Wer in Bio aufgepasst hat, denkt sich: aha, Mamba – die schnellste Schlange der Welt, und liegt rein schlangenoptisch völlig richtig. Aber der Dekanter soll den Wein ja auf die Schnelle belüften und trinkreif altern lassen: also gluckst er sich durch die Windungen des Dekanters, dass es nur so eine Art hat. Wer da einen auf Schnelligkeit macht, begeht gleich zwei Fehler, bei denen man nicht weiß, welcher schlimmer ist. Fehler eins wäre, den Fotografen (m/w/d) nicht genug Zeit zum Aufnehmen zu lassen. Und ewig nachschenken ist bei umfüllenswürdigen Weinen ja auch eine Frage des Preises. Fehler zwei wäre, dass der Wein beim zu schnellen und/oder gar unvorsichtigen Hantieren nicht so elegant aus der Öffnung flösse, wie man es gerne hätte, auch im Hinblick auf die vielleicht dem Anlass angemessene Garderobe. Aber Rui machte alles richtig und vermied alle möglichen Fehler, auch die von uns gar nicht in Erwägung gezogenen.

Aus der Karaffe floss ein 2018 Quinta do Mouro, eine Cuvée von Alicante Bouschet, Aragonez, Touriga Nacional und Trincadeira aus dem Alentejo. Tiefe, rubinrote Farbe und ein komplexes Aroma von reifen schwarzen Früchten, Minze und würzige Nuancen. Am Gaumen zeigt er sich vollmundig, mit samtigen Tanninen, einer frischen Säure und einem langen, strukturierten Abgang. Dazu gab’s Rinderbäckchen, Bimis und Süßkartoffelpüree sowie einen Bohneneintopf mit Champignons, Kürbis und Gewürzreis.

Port

Höhepunkt des Showteils war die gesellschaftsfähige Demonstration eines Folterwerkzeugs an einer Portweinflasche. „Wäre bei dieser ja gar nicht nötig gewesen“, gab Rui leise im Zwiegespräch hinterher zu – aber ein bisschen Show muss ja sein. Also: in sehr sehr alten Portweinen kann der Korken schon mal zur Bröselmaschine werden, weswegen normales Befreien der Flasche von ihrem Verschluss keine gute Idee ist. Kork im Port mag ja keiner! Daher gibt’s den Trick mit der Eisenzange. Die wird über einer offenen Flamme gehörig heiß gemacht, um dann (von des Sommeliers geübter Hand) an den Nacken der Flasche gebracht zu werden. Dort angewandter Druck macht das in der Regel unvernünftig dicke Glas gefügig – und dann kommt der Eiswasserschock ins Spiel: über die heiße Stelle gegossen, knackt das Glas und entlässt sauber getrennt Kork im Hals der Flasche, in deren unteren Rest der Port unbeschädigt von der Prozedur nun bereit ist, in die Gläser geschenkt zu werden.

So weit der Plan. Im wirklichen Leben klappte das im ersten Anlauf nicht – aber ich bin mir sehr sicher, dass das zur Dramarturgie gehörte. Denn es gibt doch in jeder Gruppe eine Person, die sich berufen fühlt, auf Anhieb besser zu sein als der ausgebildete und erfahrene Somm. Oder? Natürlich. Und siehe da, plötzlich ging’s! Applaus, Applaus. Und 2009 Kranemann Vintage Port aus der traditionell abgezangten Flasche sowie zum Vergleichen eine einfach geöffnete Kopke Tawny Port 30 years old. Beide, mit Verlaub, nicht zum easy peasy Wegsüffeln gedacht, sondern als vollmundige Begleiter zum Dessert (wir löffelten Sericaia (Alentejo-Klostersüßigkeit malaysische Ursprünge mit reichlich Eiern, Zucker, Zimt und der berühmten Pflaumen der Region ums Kloster Elvas) und Pudim de Laranja, den Orangenpudding der Algarve). Darüber hinaus sind die beiden Ports natürlich auch perfekt als Ideengeber für anregende After-Dinner-Gespräche!

Cave de Vinhos
Vila Vita Parc Resort & Spa
Rua Anneliese Pohl
8400-450 Porches

Tel. +351 282 310 100
vilavitaparc.com

[Besucht am 20. Februar 2025 |  Unsere Restaurantbesuche an der Algarve]

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