Für die 151. Folge des Podcasts „Auf ein Glas“ besuche ich das Weingut Giegerich in Churfranken. Weil zufällig an dem Tag die Häckerwirtschaft dort startet, reden wir über diese churfränkische Besonderheit. Die Häckerwirtschaft hat ihren Ursprung in der harten Arbeit des Winzers (der „Häcker“). Früher räumten die Winzer ihre Wohnzimmer aus, um einfache Speisen und hauseigene Weine zu servieren – heute ist die Häckerwirtschaft professioneller und ein Riesending mit bis zu 200 Gästen täglich. Was geblieben ist, sind faire Preise (z. B. 4,50–5 Euro pro 0,25 l Schoppen). Gesprächspartner ist Philipp Giegerich, einer der beiden Söhne des Weinguts (den Herrn Papa hatten wir vor einem Jahr in der Weinbergshütte getroffen). Zusammen mit seinem älteren Bruder Kilian leitet er das Weingut seit einigen Jahren – und beide setzen einerseits auf Top-Qualität und andererseits mit Silvaner und Burgunder-Weinen.
Das Weingut Giegerich bewirtschaftet 17,5 Hektar in fünf kleinparzellierten Lagen in Churfranken. Seit 2020 sind sie in der Biozertifizierung, die auch abgeschlossen ist – aber durch den Frostjahrgang 2024 mit den geringen Erträgen sieht man es noch nicht auf den Etiketten. Die beiden Brüder setzen ganz auf Qualität – wir reden unter anderem über Dichtpflanzung bei Neuanlagen, Handlese und nachhaltige Methoden wie Kompost und Begrünung. Philipp erläutert die Rebsortenvielfalt (u. a. Müller-Thurgau, Silvaner, Spätburgunder, Frühburgunder) und die Herausforderungen wie Frost (2024) oder Tierfraß, der mit Kaolin-Sprays bekämpft wird. Der Exportanteil liegt bei etwa 15–20 %, vor allem in Länder wie die Niederlande, Belgien und die USA.
Im Laufe des Podcasts probieren wir vier Weine. Zum Start stellt Philipp den 2024er Müller-Thurgau „Frank & Frei“ vor, einen modern interpretierten Klassiker der Region, der durch die Qualitätsinitiative „Frank & Frei“ (gegründet in den 1990ern) durch strenge Selektion und Ertragsreduktion an Aromenvielfalt gewinnt. Eine echte Rarität sind die „Alte Reben Weiß“, eine Cuvée aus 65 Jahre alten Müller-Thurgau- und Morio-Muskat-Reben – auch weil der Müller mittlerweile zu Chardonnay umveredelt wurde. Der 2023 Schalk Silvaner besticht durch seine mineralische Würze und Reduktionsnoten („Feuerstein“) – es ist der etwas andere Silvaner im Glas! Abschließend verkosten wir den 2022er Spätburgunder vom Pitztaler Berg, der durch kühle Frische und feine Frucht überzeugt. Beim Wettbewerb Best of Franken belegte er Platz 3 in der Kategorie der roten Burgunder (Sieger war Uli Kremer, kann man im Podcast 150 nachhören!).
Der rote Faden unseres Gesprächs:
- 00:34 Folge 151: unterwegs in Churfranken bei Philipp Giegerich
die Häcker wird an diesem Tag eröffnet (es kann laut werden)
bei Giegerich war ich schon mal – im Weinberg
Häckerwirtschaft erklärt
zum Namen: der Winzer wurde früher als Häcker bezeichnet (die mühsame beschwerliche Arbeit des Hackens im Weinberg)
die Wirtschaft des Häckers: mit einfachen Speisen in der (ausgeräumten) Wohnstube
mittlerweile professioneller: mit Catering und vielen Plätzen
5 bis 6 Termine, je 10 Tage
Innen auch Gastro – seit Corona auch der Wintergarten nutzbar
Aufnahme am 8. Juli - 03:40 Arbeitsbeginn!
im Glas: 2024 Müller-Thurgau Frank & frei
ein Klassiker, der nicht fehlen darf
Frank & frei: moderne Interpretation des MT
Frank & frei erklärt
mit Qualität neue Anreize schaffen
nur die besten Parzellen, Erträge reduzieren, Laubarbeit machen
bei den Basisweinen ist es einer der beliebtesten Weine, den auch Weinkenner nicht verschmähen
Secco Saignée – ein Gemeinschaftsprodukt
über das Etikett…
im neuen Bocksbeutel, weiße Flasche
man muss sich auch immer wieder neu erfinden
wenn in Franken: M-TH geht immer!
es gibt auch alkoholfreie Produkte (Komma nix)
man kann viel voneinander lernen - 12:41 im Glas: Alte Reben weiß
ein Gegenstück zum Frank&frei MTH
Weinberg wurde 1960 gepflanzt mit Müller Thurgau – älteste Parzelle am Lützentaler Berg
dazu kam eine über 50 Jahre alte kleine Parzelle mit Morio Muskat
zusammen gelesen. Idee: ein MTH, der nicht so fruchtbetont ist wie der Frank&frei
erst gedacht: reinsortigen Müller – aber nun sind etwa 10% Morio drin (wäre nicht mal deklarierungspflichtig, aber man schmeckt’s)
die beiden hamonieren sehr gut – man hat sich früher wohl doch was dabei gedacht, sie zusammen zu pflanzen
die Preise in der Häcker sind sensationell günstig
Schoppen bei Gutsweinen 4,50 bis 5,00 Euro
in der Häckerwirtschaft wird anders kalkuliert als im Restaurant
begrenzte Zeiten, Familie hilft… (und nahezu Gäste-kommen-Garantie)
hin und wieder finden sich auch Raritäten auf der Karte: mal ein Frühburgunder, mal Lagenweine
Bückware all over the world! - 17:48 Infos zum Weingut!
Vater Klaus hat das Weingut in den Haupterwerb geführt
Weinbau hat über 100jährige Tradition in der Familie
1923 gab’s im Lützeltaler Berg eine Flurbereinigung
Urgroßvater Fritz Giegerich fing an, auch Wein zu machen
Urgroßvater hatte die (damalige) Raiffeisenbank/Darlehenskasse verwaltet
in den 90ern gab’s gute Gelegenheiten sich zu erweitern: da griff Vater Klaus beherzt zu
mittlerweile sind’s 17,5 ha, die sie voll biologisch bewirtschaften
seit 2020 in der Zertifizierung
der Jahrgang 24 machte Strich durch die Rechnung, den Prozess abzuschließen
24 gab’s 100% Frost und sehr kleine Ernte
eigentlich sind die Weinberge seit 2015 bio bewirtschaftet - 24:09 Schrauber oder Korken? Reserve und Lagenweine auf jeden Fall Korken
junger frischer Wein hat Kohlensäure (durch die Gärung) eingebunden
über Korken vs. Schraubverschluss
die Korkqualität war vor 20 Jahren eine andere (nicht bessere!)
wenig Fehler – und Risikoverteilung: sie arbeiten mit verschiedenen Chargen/Herstellern zusamen - 27:08 im Glas 2023 Schalk Silvaner
Silvaner, wie man ihn klassischerweise so nicht kennt
weist eine Reduktion auf (Zündplättchen!)
die Lage Schalk
1/3 ihrer Rebfläche im Rücker Schalk und Rücker Jesuitenberg
beide werden umgangssprachlich als „Schalk“ geführt – und sind zusammen 19 ha groß
sehr karger Boden
neben der Kargheit gibt es Löss-Segmente
beim Schalk sind die ältesten Reben 1977 gepflanzt
sie haben da Silvaner und Spätburgunder aus dieser Zeit
auch hier die Frage nach dem Preis? 38 Euro, Spitze des Sortiments
das meiste, was getrunken wird, sind unkomplizierte Alltagsweine
enn neu gepflanzt wird, dann in der Regel Burgunder und Silvaner – das ist die Entwicklung, wo das Weingut sich sieht
…und es gibt ausschließlich trockene Weine (außer vlt. mal ein Riesling Kabinett) - 34.42 Rebsortenverteilung
40-45% rote Flächen derzeit. Tendenz: steigend
bei der Vermarktung vielleicht 30% rot – die guten Burgunderklone tragen nicht so viel!
…wobei die Wertschöpfung wiederum bei den roten höher ist!
Lagenweine sind auch international gut vertreten (Belgien, Niederlande, Dänemark, USA)
Exportanteil ca. 15-20%
…eine Entwicklung der vergangenen fünf Jahre, das Qualitätsstreben macht sich bemerkbar
viel investiert
Dichtpflanzungen! Kommen besser mit Klima zurecht
welche Unterlage wählen wir (es gibt welche, die mit weniger Wasser zurecht kommen)
im Klingenberger Schlossberg: 1m Abstand von Reihe zu Reihe, 50 cm von Stock zu Stock
20.000 Stöcke/Ha (der „normale deutsche Weinberg“ hat 5.000) - 37:52 Themenwechsel: zur Verarbeitung
Lese in kleine Kisten
fast ausschließlich Handlese (Lagenweine immer)
Nachsortierung im Weingut
Maischestandzeit/Kaltmazeration/spontane Gärung - 38:51 Frühburgunder
sie haben 0,5 ha, „was nicht ganz so wenig ist“
aufgeteilt auf drei Parzellen: Wörther Campestres und Lützeltaler Berg
Grundertrag immer gering
reift früh (Ernte schon im August) – da freuen sich die Tiere aufs Naschwerk!
Einnetzen hilft nur bedingt: die Tiere sind zu schlau…
…und die Waschbären kommen eh von unten
ein Kartenspielertrick hilft: Porzellanerde weißt die Trauben
den Tieren kann man dann weiß machen, dass es keine rote Traube ist 😉
egal wie anspruchsvoll der FB im Weinberg ist: er ist qualitativ immer eine Freude
…und wir merken beim Silvaner im Glas: die Reduktion öffnet sich, der Wein wird vielschichtiger - 42:33 im Glas 2022 Spätburgunder Pitztaler Berg
…wofür das Weingut auch steht
Pitztaler Berg ein eigenes Gewann mit mächtigem L öss
sehr gute Wasserspeicherfähigkeit, drumherum Wald – also Kühlheit
viel Wald, viel Acker im Nebental – und plötzlich Wein
so geht’s vielen Lagen in Chufranken
Pitztaler Berg hat 6ha, knapp 90% sind in ihrer Hand
sie haben dort Spätburgunder, Chardonnay, Silvaner (Silvaner Alte Reben) - 45:02 schon mal über umpfropfen nachgedacht bei „Neuanlage“?
seit 20/21 arbeiten sie mit Umveredelung
bei Neupflanzungen kann man die Weichen anders stellen (Abstände!)
auch neue Drahtrahmen…
die Wahl der Rebwurzel
aber im Rücker Schalk in der Steillage war’s sinnvoll
da haben sie 50 Jahre alten Spätburgunder auf einen französischen Klon umgepfropft
und den 65 Jahre alten Müller (hatten wir als 2. Wein) haben sie zu Chardonnay umveredelt
Wasserprobleme? Wo hat man sie nicht, wenn es ein halbes Jahr kaum regnet?
wir sind Jahrgangsfreunde und nehmen, wie es kommt
22 war ein sehr guter Jahrgang für Spätburgunder
wir schauen schon, dass wir eine Frische im Wein haben
wir arbeiten auch viel mit Ganztraubenpressung
Weingut Giegerich
Weichgasse 19
63868 Großwallstadt
Tel. +49 6022/655355
weingut-giegerich.de
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Hinweis:
Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden unterstützt mit einer Pressereise auf Einladung des Churfranken e.V.
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Auf ein Glas – der Podcast der STIPvisiten. Gespräche beim Wein. Über Wein. Über Essen. Und übers Leben, natürlich.
Alle Folgen unter diesem Link: podcast.stipvisiten.de
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