Lauter positive Überraschungsmomente

Lippe'sches Gutshaus in Zadel: Besuch im Rahmen der Kochsternstunden

Lippe'sches Gutshaus

Bei den gerade abgelaufenen Kochsternstunden gab es für uns unter den 16 besuchten (und hier besprochenen) Restaurants eins mit dem größten positiven Überraschungsmoment. Sein Name ist: Lippe’sches Gutshaus. Das ist vor allem, so mal schnell dahin gesprochen, ein kleiner Zungenbrecher und verlangt eindeutig nach einer leicht gelockerten Zunge. Kein Problem: Wir sind ja in Zadel, dem Weingut von Prinz Lippe. Zu trinken gibt’s da genug!

Warum waren wir überrascht? Ganz einfach: Mit dem Restaurant hatte der Prinz bislang weniger Fortune als mit seinen Weinen. Köche wechselten, Stile mit ihnen. 2012 genossen wir (ebenfalls im Rahmen der Kochsternstunden) dort die grandiose Küche von Mario Pattis und waren mehr als begeistert. Als Pattis (wie es hieß: planmäßig) ging, wollten wir erst mal nicht wieder hin. Nun trauten wir uns also doch – und wie schon angedeutet, haben wir es nicht bereut. Und das lag, ganz eindeutig, am neuen Team. Küchenchef David Lehr und seine Frau Julia im Service machen einen tollen Job, sie führen – so unser Eindruck – das Restaurant wie einen Familienbetrieb. Was Besseres hätte dem Restaurant am Ende des touristischen Sektors von Meißen kaum passieren können.

Während der Kochsternstunden gab es (wie üblich) ein fixes Menü, wahlweise drei oder vier Gänge (37,50 € / 49,00 €) und das jeweils solo oder mit Weinbegleitung (dann 48 € / 69 €). Wir nahmen, was keinen wundert, das volle Programm und erfreuten uns der Tatsache, dass eine aus der Runde schwanger war und sich für die Rückfahrt als Chauffeur gemeldet hatte. Sie verpasste so einiges, zumal der Rest der Runde recht schnell als Weingenießer erkannt wurde und es zusätzlich zum Programm noch den einen oder anderen Vergleichsschluck gab. Ich wiederhole mich: Zu trinken gibt’s da genug! Unsere wundervoll freundliche und kompetente Bedienung brachte immer die richtigen Konkurrenzbegleiter: ein Vergleich lohnt sich ja meistens.

Was hilft der beste Service, wenn er nicht das passende Essen zum Gast bringt? Nicht viel, wohl wahr. Aber Julia Lehr weiß ja, wer die Teller schickt! Und ihr Mann David weiß, wie er mit den Produkten umgehen muss. Optisch (mit einer Ausnahme: aber Olivenpüree sieht nie toll aus!) und geschmacklich (ohne Ausnahme!) ergingen wir uns unisono in Lobeshymnen.

Es gab:

  • Carpaccio vom heimischen Reh mit Portwein-Schalotten-Sorbet 
    2013er Pinot blanc de Noir, VDP. Gutswein
  • Knusprig gebackene Jakobsmuschel mit Thymianpolenta und Blattspinat
    2011er Grauburgunder Schloss Proschwitz, Erste Lage (und außer der Reihe: 2014 Elbling, ein Gutswein)
  • Rosa gebratener Lammrücken mit Gewürzjus, Bohnen-Tomaten-Gemüse und Olivenpüree
    2011er Spätburgunder Barrique, VDP. Gutswein
  • Schokolade in drei Texturen
    Portos (und außer der Reihe Probierschlucke: 2011 Traminer Auslese sowie, um noch besser vergleichen zu können, vom anderen Ufer gegenüber die 2012 Traminer Auslese Heilig Kreuz und die 2012 Riesling Spätlese von der VDP Ersten Lage Kloster Heilig Kreuz)

Irgendwelche Besonderheiten? Na klar: Beim Carpaccio diskutierten wir nicht das Essen, sondern den Wein: der blanc erschien uns arg rosa – darf er sein, aber dann könnte man ihn doch auch Rosé nennen, oder? Das klingt natürlich nur halb so trendy! Aber nichtsdestotrotz mochten wir den Geschmack von Himbeer und Zitrone im Wein (der von Spätburgundern aller Lagen des Prinzen gemacht wurde) sehr, zumal sich Anklänge davon im Carpaccio-Gang wieder fanden. Die Jacobsmuschel könnte unser Lieblings-Zwischengang der diesjährigen Kochsternstunden werden. Wirklich knusprig paniert, innen saftig, dazu nahezu niedlich zu nennende (und geschmackvolle) Polenta. Wären wir nicht gut satt geworden, hätten wir die zum Schluss glatt nochmal bestellt. Der vorgesehene Grauburgunder, eine fruchtig-cremige Spätlese, war natürlich durch nichts zu toppen. Aber wer immer schon mal einen Elbling probieren wollte: kann man machen, zum Neutralisieren 😉

Einen der Punkte, bei dem uns der Service von Julia Lehr begeisterte, erlebten wir beim nächsten Wein-Gang. Weil bei einem aus unserer Runde nicht mehr genug vom Spätburgunder in der Flasche war, musste eine neue ran. Gleicher Wein, gleicher Jahrgang – aber ein neues, zusätzliches Glas: „Weil der frisch aufgezogen ist und die andere Flasche schon etwas offen stand. Sie werden den Unterschied merken!“ Innerlich standen wir auf und verneigten uns respektvoll! Beim perfekt gegarten Lamm zum Wein merkten wir an: schmeckt uns als Fleisch zu neutral, zu wenig nach Lamm. David Lehr kam raus, erklärte es uns – aber wir mögen’s dennoch etwas lammiger.

Zum Dessert genossen wir den Lippe’schen Klassiker Portos (ursprünglich, wahr oder gut erfunden, mal aus einem vergessenen Fass entstanden, seitdem aber als Dessertbegleiter bewusst gepflegt), und zusätzlich eskalierte die Weinbegleitung mit zwei Traminer-Auslesen (verschiedene Jahrgänge und Lagen) und einem Riesling (was sonst, zum Abschluss?). Zu jedem Schluck verzückten wir uns in ein anderes Dessert-Häppchen. Alles auf Schokolade – ein grandioser Abschluss eines tollen Menüs!

Lippe’sches Gutshaus – Restaurant
Dorfanger 19
01665 Zadel über Meißen

Tel. 03521 – 767673
www.lippesches-gutshaus.de

Öffnungszeiten:
Mi – Fr ab 18.00 Uhr
Sa, So, Feiertage ab 12.00 Uhr
Mo und Di Ruhetag

[Besucht am 26. März 2015 im Rahmen der Kochsternstunden | Zur Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung | vorherige Besuche 2012 / 2011 / 2010]

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