Sein Name ist Andy Warhol und er hatte gerade einen Hamburger gegessen

Ausstellung „Andy Warhol – Pop Art Identities” in der Dresdner Zeitenströmung

Ausstellung Andy Warhol

Was ist Marilyn Monroe, Mao Zedong, Dosentomaten der Firma Campbells und Joseph Beuys gemein? Der Warhol, wer sonst? Jener Andy Warhol, der in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu den Protagonisten der Pop-Art gehörte und auch den nicht an Kunst Interessierten durch seine Portraits (die Farben!) oder großformatige Bilder von Suppendosen (das Unverständnis allgemein!) auffiel. In der Dresdner Zeitenströmung kann man sich jetzt – als Deutschlandpremiere – mit der Ausstellung „Andy Warhol – Pop Art Identities” zurück versetzen in die Welt des Andy Warhol. Rund 130 Werke von Andy Warhol – Originale und nicht autorisierte Originale von Anderen – und teils bislang unveröffentlichte Filme sind dort noch bis Mitte Juni zu sehen.

Der KünstlerDie Ausstellungsmacher haben sich vorgenommen, Warhols gesamte künstlerische Geschichte zu erzählen und dafür sechs Begriffe gefunden, mit denen man als Unbedarfter vielleicht nicht wirklich was anfangen kann – unabhängig davon, dass diese sechs Abschnitte englische Titel tragen (was wohl die angestrebte Internationalität ausmachen soll. Oder den aktuellen Zeitgeist, wer weiß das schon?). Aber: egal! Denn wer mit den Identitäten nichts anfangen kann und schon gar nicht versteht (so rein sprachvermögenstechnisch), dass tangible identities für greifbare Identitäten steht, muss sich überhaupt keine Sorgen machen: Kuratoren und Ausstellungsmacher müssen sich ja wichtig machen, aber Besucher können sich den Luxus leisten, sich einfach nur das Ausgestellte anzusehen und auf sich wirken zu lassen.

Andy WarholWer, wie ich, in den 1960er Jahren zur Schule ging, kann gar in Erinnerungen schwelgen. Da fällt einem dann beispielsweise ein, dass – von den Warhol-Siebdrucken geprägt, wir den Feiertag Christi Himmelfahrt mit dem Kunstlehrer ummodelten zu Christi Siebdruck, um im Zeichensaal der Schule A1-Poster zu drucken (die dann zugunsten der Schülerzeitung verkauft wurden). Wie war’s denn damals? Während man sich mit den schrillen Farben der Monroe bestens arrangierte (wohl kaum ein Jugendzimmer im Westen, in dem das als Poster nicht hing) und aus dem Warhol-Umfeld (der factory) die Musik von Velvet Underground schon wegen Lou Reed und John Cale sowie der hübschen, aber stimmlich nicht immer so treffsicheren Nico aus Köln gerne als zusätzlicher Dimension des Highseins hörte, war das Verständnis bei den Filmen und der Arbeitsweise von Warhol außerhalb der Kunstwelt, nun ja, sagen wir mal: umstritten. Aber hey, es waren die 60er, da steckte viel mehr Mief in den Eltern als Protest bei deren Kindern möglich war. Und weil es eh kein Internet gab, rauschten die Nachrichten und Meinungen ja auch nicht so ungebremst durchs Land wie heute.

Andy WarholUnd heute? Gehen an einem Freitagnachmittag deutlich mehr Erwachsene und Jugendliche in die andere Ausstellung, die gerade in der Zeitenströmung gezeigt wird: van Gogh. Sie hat den gleichen Veranstalter, weswegen es Kombi-Tickets gibt. Beim Warhol war’s so erfrischend leer, dass man ohne jemand zu stören durchaus nochmal in entgegengesetzter Richtung zurück konnte. Und wieder vor, um die Werke anzusehen, zu entdecken und zu genießen. Ist das schon wieder eigenständige Kunst, wie die Kuh von Warhol mit Feuerlöscher und WC-Hinweis-Schildern arrangiert ist? Möchte man, nachdem man knapp dreieinhalb Minuten im Film gesehen hat, wie Andy Warhol einen Burger isst, vorbildlich alle Papier-Pappreste in die Tüte packt und dann noch eine Minute bedeutungsschwanger gelangweilt in die Kamera sieht, um am Ende diesen künstlerisch wertvollen Satz sagt: „Mein Name ist Andy Warhol und ich habe gerade einen Hamburger gegessen“ – möchte man dann sofort ins nächste Burger-Restaurant oder doch lieber gegenüber ins Elements oder zum Sarden nebenan mit den guten Weinen, eine kleine Nudel essen? Und möchte man, weil man’s hier gelesen hat, in der letzten Abteilung Cover Identities den im Eintrittspreis enthaltenen Audio-Guide austauschen gegen das eigene Smartphone, um den passenden Sound zur dort gezeigten Banane zu hören? Könnte sein…

„Andy Warhol – Pop Art Identities”
4. Februar – 16. Juni 2022
Montags geschlossen!
Sonderöffnungstage: Ostermontag, 18.04.2022 und Pfingstmontag, 06.06.2022
Zeitenströmung
Königsbrücker Str. 96
01099 Dresden

Tickets und Info: warhol-exhibition.com

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