Die Sächsische Weinstraße verläuft – aus gutem Grund, möchte man meinen – rechts der Elbe. Na klar, da gibt es zwischen Pillnitz und Zadel die großen Namen, da kann man von Aust bis Zimmerling all diejenigen besuchen, deren Wein man immer schon mal vor Ort verkosten wollte. Aber Wein wächst auch links der Elbe, gar nicht so weit von Dresden entfernt: Die beiden Winzer Rolf Fehrmann und Lars Wellhöfer zeigten im Rahmen des Deutschen Wein-Wander-Wochenendes einen gigantisch schönen Abschnitt der linkselbischen Landschaft. Nicht ganz zufällig führte der Weg durch ihre Weinberge…
Gegenüber vom Stausee Niederwartha mit seinem Pumpspeicherwerk führt ein kleiner Weg bergan – zwar gut hundert Meter hoch nur, aber durch liegen gebliebenes Laub raschelt man sich schon mal so durch den Cossebauder Park hoch auf die Herrenkuppe, dass man glaubt, was getan zu haben. Oben angekommen, mussten wir erst einmal mit unserer Vorstellung von einem Turm aufräumen, denn der dortige Bismarckturm ist nur ein kleiner Stumpen, mit dem die Cossebauder 1913 die Umgebung ihres Dorfes schöner und attraktiver gestalten wollten. Als Feuerstelle für Feuerchen zur Sommersonnenwende ist die Höhe aber quasi quadratisch-praktisch-gut.
Der Ort des Monuments ist freilich gut gewählt: Man kann, klare Sicht vorausgesetzt, einen vorzüglichen Weitblick genießen: Nach rechts ins Tal, das sich gar lieblich gestaltet und für die weitere Wanderung Gutes verspricht, nach vorn auf die Stadt Dresden mit den Tafelbergen der sächsischen Schweiz im Hintergrund und nach links über die Elbe bis weit ins Hinterland. Wir gehen die Stichstraße, die zum Bismarckturm führt, zurück: Gnomenstieg heißt sie – was ja vielleicht erklärt, dass man mit einem nur 4,50 Meter kleinen Turm auskommt…
Die dann kommenden Straßen weisen den richtigen Weg: Ein Stück Weinbergstraße, dann der Bischof-Benno-Weg (nach jenem Bischof von Meißen, der seinem großen Vorbild folgend trockenen Fußes die Elbe überquerte – wobei er keine Brücke nahm, sondern einen Rebstock, mit dessen Hilfe das klappte. Sagt die Sage). Und dann stehen wir auch schon am Weinberg von Rolf Fehrmann. Es ist eine Steillage, bis zu 60 Grad immerhin. Dort wächst ein guter Wein – wer die Edition Meißen vom Meißner Weinhaus des Prinzen zur Lippe trinkt, hat zu rund 80 Prozent einen Fehrmann drin. (Natürlich probierten wir den Blanc de Blanc und waren – noch ein natürlich! – begeistert.)
Unter eigenem Etikett von „Weinbau Fehrmann“ gibt’s natürlich auch Weine. Wer wollte, konnte vergleichen: einen Spätburgunder und dagegen einen Blanc de Noir, der uns trotz seiner 14 % sehr frisch vorkam – aber mit einem runden Körper, der die Familienzugehörigkeit zeigte. Beim Weißburgunder (mit satten 15,5 Volumenprozent!) hingegen wollte bei uns keine Begeisterung aufkommen – vielleicht abends zum Essen, aber so im Garten dann doch lieber nicht. Wobei an dieser Stelle ein Wort zum bezaubernden Ambiente des Winzerhauses geschrieben werden muss: traumhaft!
Auch die schönsten Pausen neigen sich einmal dem Ende zu, weiter geht’s – nicht ohne einen Blick zurück auf den Berg mit seinen Trockenmauern und Terrassen. Der Weg führt zuerst an einer skurrilen Installation namens „Schneewittchen, die sieben Zwerge und ein Flüssiggastank“ vorbei. Wenig später warnt ein Schild davor, dass der Schäferhund des Hauses schlechte Laune haben könnte. Wir hatten Glück – er war nicht da, so dass uns seine Laune egal sein konnte. Noch ein wenig später sieht man die Wasserschlösser, die aber keineswegs mit den romantischen Gebäuden gleicher Bezeichnung mithalten können, sondern technische Dinger sind: Türme zum Druckausgleich.
Nicht schön, aber notwendig und wohl auch ein technisches Denkmal, denn die ganze Anlage ist die nullkommaachte und zweite ihrer Art (oder so). Aber gleich nach Überquerung der drei Pumprohre kommt Natur pur. Das Gelb von Löwenzahn streitet sich mit dem der Rapsfelder um den satteren Ton, Kirschblüten geben fröhliche weiße Tupfer, die anderen Bäume und die Wiese zanken sich des Grüns wegen. Das alles in einem Auf und Ab von Hügeln und Tälern wie dem Tännichtgrund.
Auf offener Flur nutzt Lars Wellhöfer, dessen Weinberg wir uns planmäßig nähern, die Gelegenheit zu einer Minilesung von Kurzsagen aus der Gegend. Hat was! Das Dorf Weistropp lassen wir rechts liegen – haben es uns aber vorgemerkt für eine spätere STIPvisite, aus Gründen. Stattdessen machen wir wieder runter ins Tal und (mit erheblicher Steigung) wieder rauf, passieren einen alten Baum aus dem Jahr 1648 und einige nicht ganz so alte Kühe, um dann unverhofft im Weinberg von Lars Wellhöfer zu stehen. Korrekt müsste es heißen: In einem seiner beiden. Der Weinberg in Kleinschönberg, so erfahren wir, sei der einzig bewirtschaftete Terrassenweinberg im Wilsdruffer Vorland – Rekorde gibt’s…
Wellhöfer bewirtschaftet 0,85 ha – zu wenig, um allein davon zu leben. Also hilft er anderen Winzern im Weinberg, baut auch deren Wein aus. Wir probierten aus der Einzellage „Cossebauder Bauernberge“ einen Goldriesling. Goldriesling, muss man wissen, ist nicht etwa die güldene Spitze aller Rieslinge, sondern „eher das Gegenteil“, wie Wellhöfer meinte. Wobei seiner das Zeugs zu einem leichten Terrassenwein für den Sommer hat, den man auch im Garten, auf dem Balkon oder an der Elbe genießen kann. Die Rebe wächst übrigens fast nur noch in Sachsen, weswegen sie den Besuchern dieser Gegend als Rarität zum Wegsüffeln durchaus empfohlen werden kann.
Der Weinberg ist von Wellhöfer aus dem Dornröschenschlaf geweckt worden: Er war eine wilde Streuobstwiese. Alte Rebstöcke hat er noch gefunden, neue dazu gesetzt. Für so einen kleinen Berg eine bunte Mischung, sieben Sorten insgesamt. Eine zweite durften wir noch probieren: einen Kernling. „Wat is denn ditte?“, wollten alle wissen und ahnten Böses. Aber das ist gar keine Neuzüchtung, sondern eine natürliche Mutation des Kerner. Das „-ling“ soll als Hinweis darauf verstanden werden, dass er vom Typus dem Riesling ähnelt. Der 2011 Kernling von Wellhöfer war halbtrocken und dennoch erfrischend – es steht genug Säure der Restsüße entgegen.
Der Rest ist Rückweg. Durch schattige Wälder, mehr runter als rauf, mit dem einen und dem andren Blick auf Kirchtürme der umliegenden Dörfer. Eine romantische Gegend!
Weinbau Fehrmann
Talstraße 62
01156 Dresden
Tel. +49 351 454 19 70
www.weinbau-fehrmann.de
Weingut Lars Wellhöfer (Adresse seit 2014)
Niederwarthaer Str. 7
01665 Klipphausen OT Weistropp
Tel: +49 351 427 33 39
Mobil: +49 172 167 23 99
www.weingut-wellhoefer.de
Danke fuer diesen netten Artikel. Es bringt jede Menge Erinnerungen an meine Kindheit und die Ausfluege, die meine Eltern in den 60iger und 70iger Jahren mit uns Kindern unternahmen. Lange Wanderungen, durch Taeler, Wiesen und Waelder der Dresdner Umgebung.
Ich lebe seit vielen Jahren in der USA und bin immer gluecklich etwas aus der alten Heimat zu finden. Ein Besuch ist mehr als ueberfaellig.