Im Großen Garten von Dresden gibt es – wie es sich für die größte Parkanlage der Stadt gehört – auch etliche Teiche. Der Carolasee war der erste. „Der 1881/1882 in natürlichen Formen angelegte See wurde 1886 in Richtung der Querallee erweitert und erhielt 1895 eine Fontaine. Auf einer Halbinsel befindet sich das 1895 im Stil der Neorenaissance erbaute Carolaschlösschen, das auch heute noch gastronomisch genutzt wird“, steht in der Wikipedia. Und wie es genutzt wird! Schon immer® als Ausflugrestaurant mit großer Terrasse zum See hin, seit Beginn des Jahres nun aber auch mit neuem Chefkoch, der sich was traut: im Rahmen des Menüwettbewerbs Kochsternstunden bietet Ralf Wolf ein Menü an, das unter dem Motto „Sächsisch mal anders“ Klassiker gelungen neu interpretiert.
Vier Gänge stehen im Menü, ein fünfter kommt als Gruß aus der Küche vorweg. Strammer Max heißt er und ist – in Küchengrußgröße auf den Punkt gebracht – eine schmackhafte Andeutung auf das, was uns an diesem Mittag erwartet: Ralf Wolf hat die bekannten Gerichte decollagiert und spannend neu zusammengesetzt. Dabei kommen die Geschmäcker der Kindheit fast noch deutlicher in Erinnerung, als es die manchmal fad zubereiteten Originale vermögen. Der stramme Max baute auf einer (etwas zu fest gerösteten) Scheibe Pumpernickel auf, mit feinem Serranoschinken und einem ganzen Ei – was Wachtel sei Dank klein genug geraten war. Tupfer von Wachteljus (!),Aprikose und Zitronenperlen setzten abrundende Geschmackakzente. Aber es gab nicht nur den Gruß aus der Küche, es gab auch einen von der Bar: ein kleines Bier! Ein Pilsken, im 0,1-Liter-Probierglas.
Gespannt waren wir, wie sich das Carpaccio von der Rinderroulade präsentieren würde. Dabei ist die Antwort doch so einfach: sieht aus wie ein Carpaccio und schmeckt wie Roulade! Das hauchdünn geschnittene Fleisch der alten polnischen Rinderrasse Wolowina bildete die Grundlage. Tolle Marmorierung und fantastischer Eigengeschmack! Zum Rouladen-Kopfkino (oder muss dass hier jetzt doch besser Gaumenkino heißen?) trugen zart schmelzender Lardo, Senfkörner, zum würzigen Chutney verarbeitete Zwiebeln und ein Cornichon-Gel bei. Der dazu servierte Grauburgunder vom Weingut Matyas gefiel uns sehr gut – Zeit, im Sommer mal wieder im Weingut vorbeizuschauen!
Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: aber wir waren vor dem nächsten Gang schon wieder gespannt! Leipziger Allerlei ist ja, wenn man es nur halbwegs richtig machen will, immer eine Herausforderung. Denn wie schon Reinhard Lämmel in seinem Buch Ein guter Sachs will genießen, nicht prassen (auf Seite 31) schrieb: „Der Mai ist der Monat für das Leipziger Allerley, denn es gibt noch frische Morcheln und die ersten Krebse, beides unabdingbare Ingredienzien.“ Und nun ist es nachweislich Februar, da is nix mit frischen Morcheln und ebenso munteren Flusskrebsen. Die Lösung im Carolaschlösschen: es gab das Leipziger Allerlei nicht als Gemüse, sondern als Suppe. Die kam sehr schön angerichtet in einer Schüssel (mit einer Karkasse als optischen Blickfang) und passendem Kännchen mit der Suppe apart. Zusammengefügt ergab das eine winterlich angepasste Variante der Grundidee – mit den klassischen Zutaten, aber eben nicht maifrisch. Zur Suppe gab’s auch Wein, den wir aber (wie immer bei Suppen) davor und danach genossen haben: 2018 „Der kleine Schwarz“ vom Weingut Schwarz.
Als Hauptgang war ein kurzgebratener Sauerbraten vom Linumer Wiesenkalb angesagt – und nein, wir waren nicht gespannt! Es kam, wie annonciert. Das Kalb innen zart rosa, natürlich angenehm säuerlich und (nicht natürlich, aber wir waren natürlich erfreut) saftig. Der Rotkohl wie ein Dim Sum im Reisteig zubereitet, mit einer sehr pikant abgeschmeckten Rotkohlfüllung. Kloßcrumble entpuppte sich als ein Kloß, der paniert und dann gebraten war – sehr gut! Ein wenig Dresdner Berle mit Ingwer gab dem Gericht noch den besonderen Kick. Einziger Wunsch: für einen lecker Kloß braucht man etwas mehr lecker Soße. So wie beim richtigen Sauerbraten… Unser Wein dazu: ein 2018 Blauer Zweigelt vom VDP-Weingut Pawis (Saale-Unstrut).
Kalter Hund wird ja traditionell aus Kakao-Kokosfett zubereitet – und da mag ich’s eher nicht. Man könnte natürlich auch nur ein wenig Butterkeks nehmen und sich dann aus Zartbitter-, Kakaocreme und weißer Schokolade eine vollmundige Variante basteln, die mit Beeren und Pistazien gepimpt noch einmal einen köstlichen Schlusspunkt setzt. So geschehen und für klasse befunden sowie mit dem eher süßen Sherry genussvoll abgerundet.
Wer bislang zu kurz gekommen ist: der Service im Carolaschlösschen. Wir genossen ihn in Perfektion, mit lockeren und informativen Ansagen, mit unaufdringlichen Zwischendurch-Nachfragen und mit guten Antworten auf Nachfragen.
Das Menü
- Gruß aus der Küche: Strammer Max | Pumpernickel | Senfbutter | Serrano-Schinken | Wachtelei
- Carpaccio von der Rindsroulade | Lardo | Zwiebelchutney | Cornichon-Gel
- „LEIPZIGER ALLERLEI“ | Flusskrebs
- Kurzgebratener Sauerbraten vom Linumer Wiesenkalb | Rotkraut-Summer Roll | geb. Klosscrumble | Dresdner Berle
- „KALTER HUND“ | Beeren | Pistazie
Die Getränkebegleitung
- 2018 Grauburgunder | Qualitätswein trocken | Weingut Matyas
- 2018 „Der kleine Schwarz“ | Qualitätswein trocken | Weingut Schwarz
- 2018 Blauer Zweigelt | Qualitätswein trocken | Weingut Pawis
- Sherry Nectar Pedro Ximenez | DO Jerez-Gonzáles Byass
Menü-Preis
- 3-Gänge-Menü 39,00 € (inkl. Weinbegleitung 52,00 €)
- 4-Gänge-Menü 49,00 € (inkl. Weinbegleitung 65,00 €)
Carolaschlösschen
Querallee 7
Großer Garten
01219 Dresden
Tel. +49 351 / 2506000
www.carolaschloesschen.de
Öffnungszeiten:
Mo bis Sa ab 11 Uhr
So ab 10 Uhr bis 18 Uhr (sonntags kein Kochsternstunden-Menü)
Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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