Durch die Olivenhaine von Liapades

Wanderung auch auf einem Teil des Corfu Trails

Oliven

Wir wollten durch die Olivenhaine von Liapades wandern. Oliven spielen auf Korfu eine große Rolle – 90 % des Baumbestands auf der Insel sind Olivenbäume. Und Schuld daran ist nicht der Bossa-Nova , sondern die Venezianer. Vor deren Besatzungszeit hatte die Insel noch keinen einzigen Olivenbaum – aber die Venezianer verordneten im 15. Jahrhundert, dass die Corfioten ihren Wein roden und statt dessen Olivenbäume pflanzen sollten (Quelle). Eigenbedarf (Venedigs)…

Das Dorf Liapades ist ein nettes kleines Bergdorf, und wenn es nach unserer Quelle für die Rodung der Oliven geht, dann ist es „eines der schönsten Dörfer Korfus“. Der Webseitenbetreiber Jannis Halikias aus Frankfurt scheint aus Liapades zu kommen, denn er kennt sich aus: „Der am häufigsten auftretende Vorname ist Spiro. Damit ehren die Eltern den Schutzpatron der Insel, Agios Spiridon. 1/4 vom Dorf heißt mit Nachnamen Agathos. Daraus könnt Ihr schließen, dass so ziemlich jeder mit jedem verwandt ist. Tatsache ist, dass das Dorf eine riesige Familie ist, …bedeutet für Euch: macht Ihr Euch einen zum Feind, habt Ihr bald viele Feinde! Allein in Liapades gibt es über 100 Spiro Agathos“, schreibt er.

Die Wanderroute (wir haben sie im Korfu-Band des Müller-Verlags gefunden) beginnt aus gutem Grund am Rande des Dorfes. Bis dahin sind die Straßen klein und kurvig, danach werden sie eng und umkehrfeindlich. Also, wir haben es ausprobiert und sind erst mal durchgefahren his zum Dorfplatz. Jannis schreibt: „Das wichtigste in Liapades ist (wie in jedem griechischen Dorf) der Marktplatz, die Platia. Bei einem kühlem Getränk in den Cafenions, den griechischen Cafés, die rund um den Marktplatz verteilt sind, lassen sich hier die Dorfbewohner beim Diskutieren des Weltgeschehens oder neuesten Dorfklatsches beobachten.“ Was er nicht schreibt: Alle Dorf-Alten, die hier auf einer der drei Terrassen sitzen, können auch uns blöde Touristen beim Verirren mit dem Auto in den Gassen beobachten! (PS: Natürlich stand auf dem Platz noch ein Lieferfahrzeug, so dass das Wenden nicht durch einfaches Umfahren des ziemlich gestutzten Baums in der Mitte des Platzes möglich war.)

LiapadesAlso: Glaubt der Beschreibung im Müller, man parkt gut vor der Kirche des heiligen Thekli und läuft dann – vorzugsweise in Nebenstraßen – durchs Dorf! Vorbei an der Grundschule mit lustiger Wandbemalung, an alten und sehr alten Häusern. Hier räkeln sich Katzen, da sammeln sich – nun ja: – Alltagsgegenstände. Der Dorfplatz kommt in Sicht, wir kennen ihn ja schon: drei Gaststätten – eine bereitet sich gerade vor (wir werden nach der Wanderung hier im Marineris was trinken), eine ist rappelvoll: die so gerne zitierten (alten) Männer bei griechischen Kaffeepalaver. Die alte Kastanie mitten auf dem Dorfplatz ist nicht mehr, einige Aststümpefe ragen tot in die Luft. Der Platz ist gepflastert, die Kastanie (ist bzw. war doch eine, oder?) eingemauert. Autos parken da – wo kämen wir denn da hin, wenn man zu Fuß ins Café gehen müsste? Aber die viel wichtigere Frage ist, ob sie uns als die doofen Autofahrer erkennen und über uns lästern würden? Ehrlich? Nein, so wichtig sind wir nicht: wir gehen unerkannt weiter…

Liapades ist ja nicht wirklich groß, aber dennoch hat das alte Dorf viele Viertel / Quartiere / Nachbarschaften mit eigenem Namen. Kleine Schilder weisen auf griechisch und englisch auf die jeweilige γειτονιά hin. Wir laufen also durch die Nacbarschaft Kambos und erfreuen uns an renovierten Häusern wie an charmanten Zeugen vergangener Zeiten. Langweilig wird’s nicht – und schnell sind wir auch schon raus aus dem Dorf und laufen zuerst noch einen betonierten Weg, dann aber kilometerlang auf waldigen Pfaden und Wirtschaftswegen durch Olivenhaine. Die Abwechslung bestet in den Baumformationen, denn es gibt die knorrigen Alten und die drahtigen Jungen, und meist leben sie in Gemenschaft miteinander. Sehr vorbildlich.

SchreinAn einer Weggabelung steht ein Schrein, der uns zu schaffen macht. Schreine sind, teils als allerliebste Mini-Kirchen geformt, keine Seltenheit auf Korfu. Dieser hier ist ein schlichter weißer Kubus mit für uns abenteuerlichem Innenleben. Wir erkennen kirchliche Elemente (die hatten wir erwartet), aber auch Fritten, Sonnenblumenöl und eine 1,5-Liter-Flache mit Wasauchimmer (vielleicht warmer Eistee?). Insgesamt hinterlässt das Durcheinander eher den Eindruck einer Rumpelkammer. Nun da. Wir gehen weiter, der Müller empfiehlt: rechts halten, denn von links kommen wir dann zurück.

Wenig weiter sehen wir mtten im Wald zwei kleine Weinfelder. Für mehr als den Eigenbedarf reicht das aber nicht! Noch ein wenig weiter öffnet sich die Landschaft und wir erkennen ein Bergdorf in einiger Entfernung am Gegenhang – dahinter im Dunst das Meer. Keine Ahnung, was das ist, auch nach Studium der Karte nicht… Also weg vom Fern-Sehen in den Nahbereich. Wir erkennen auf einem Stein am gelben CT als Wanderzeichen auch, dass wir hier einen Teil des Corfu-Trails entlang laufen. Der Corfu Trail ist ein mehr oder minder genau definierter Wanderweg durch Korfu, der im Süden der Insel beginntz und sich mit einigem Zickzack nordwärts schlängelt. Den ein oder anderen Abschnitt erwischt man dann eben halt mal, auch wenn man das nicht systematisch angeht…

WeinMitten in der Pampa (sorry…) stießen wir dann erneut auf eine Weinfläche, dieses Mal erstens größer und zweitens mit Netzen gegen zu naschhafte Vögel geschützt. Auch an den Füßen der Olivenbäume liegen übrigens Netze – Vogel zu sein ist hier offensichtlich auch nicht immer einfach. Nicht geschützt hingegen sind die Farne, die als nächstes großflächiges Ereignis die Blicke der Fotografen auf sich ziehen. Von oben surrt es wie ein Bienenschwarm – ist aber nur eine Drohne. Gut, dass wir im Wanderführer gelesen hatten, dass wir nun „das Meer zwischen den Bäumen schimmern sehen“ können – wir hätten sonst keinen blassen Schimmer gehabt. Ist halt weit weg, das Meer, und die Vegetation dicht.

AussichtenDichte Vegetation war auch unser Nicht-Freund beim Abstecher zu den zwei Sendemasten, der sich laut Buch lohnt wegen des „schönen Ausblicks auf Paleokastritsa und die Westküste Korfus“. Die 47 Meter hoch, exakt auf dem vorgegebenem GPS-Pfad übrigens, waren eine schöne sportliche Übung (durchschnittliche Steigungsneigung: 22%) und ein wenig Rumstromerei am Zielpunkt, aber ansonsten ein Schuss in den Ofen. Wir führten es auf natürliches Wachstum zurück – mit einem kleinen Restzweifel, ob die Fantasie des Autors nicht ein wenig mit ihm durchgegangen ist angesichts des kleinen sichtbaren Ausschnitts der Küste mit Kloster, aber ohne die schöne dazu gehörende Bucht. Aber wer schon „unzählige Male Korfu besucht“ hat (S. 2), traut sich wahrscheinlich nicht zu schreiben, dass auf dieser Tour alles spektakulär unspektaktakülär ist, auch die Fernsichten.

OlivenVon nun an ging’s bergab. Das ist schön. Die Landschaft bleibt sich ähnlich, mit terrassierten Olivenbaumplantagen im Nahbereich und eine Vielzahl von Grün und Baumarten im Fernbereich. Irgendwann kommt der Schrein, dann geht’s prinzipiell den gleichen Weg zurück – wir variieren im letzten Stück ein wenig und kommen so in den Genuss eines Mohnblumengartens einerseits und des Kennenlernens für uns neuer Nachbarschaften andererseits. Und die Wanderung endet, wo jede gute Wanderung enden sollte: im Gasthaus. In diesem Fall beim freundlichen Wirt des Marineris, der uns trotz Mittagszeit gerne auch nur erfrischende Kaltgetränke servierte…

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2 Kommentare

  1. Eine wunderschön aber realistisch beschriebene Tour. Besonders hervorzuheben ist leicht Ironie Humor in der ganzen Geschichte. Man lasse sich bitte nicht durch die Steigung am Anfang der Tour irritieren.
    Übrigens zum Parken: bitte nicht mehr oben am Platz! Neues Schild:
    Parken nur für Anwohner, Arzt, Gemeindemitglieder (natürlich nur in griechische)

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