„Wir bitten die Besucher, anständig angezogen einzutreten“ steht auf dem Schild am Eingang zum Kloster Paleokastritsa. Eine verständliche Bitte, wenn man sieht, wie Touristen manchmal rumlaufen. Aber oben auf dem Hügel vom Paleokastritsa scheint das Publikum per se manierlich – und bei der Auslegung des Begriffs anständig angezogen hilft ein netter junger Mann am Eingang. Zu viel nackte Haut im Schulterbereich? Da haben wir Tücher! Und wenn die Pants zu hot für die Mönche und den Ort erscheinen, gibt’s Wickelröcke. Tücher wie Röcke sind Leihgaben, man bekommt sie beim Betreten des Klosters und gibt sie beim Verlassen ab. Wer das nicht mag, muss ja nicht rein (oder hat eigene Sachen an, die zum Ambiente eines Klosters passen).
Das alles lief bei unserem Besuch in großer Harmonie und ganz unkompliziert (also ohne Diskussionen) ab. Aber wir waren ja auch in der Vorsaison da, da liegen die Nerven schon deswegen nicht so blank, weil man ja einen Parkplatz gefunden hat. Das sieht in der Hochsaison anders aus, denn das Kloster Paleokastritsa gehört zu den am meisten besuchten Sehenswürdigkeiten auf Korfu. Und es liegt, wie es sich für ein Kloster gehört, etwas einsam. Vielleicht nicht aus heutiger Sicht, aber als es 1228 gegründet wurde, gab es ja noch keine Touristen, und der Verkehr über die schmale Straße von der Bucht hoch zum Kloster war auch noch nicht so üppig, dass man eine Ampel gebraucht hätte. Heute gibt es sie, und nicht nur die Busfahrer sind ganz glücklich darüber.
Wer sich vor dem Eintauchen ins Kloster und all seiner Pracht einen Überblick verschaffen will: vom gegenüber liegenden Bergdorf Lakones und auch von der Ruine des Angelokastro aus geht das ganz hervorragend. Die beste Aussicht hat man übrigens von einem Aussichtspunkt zwischen Lakones und Angelokastro…
Die Klosteranlage ist wie eine Burg auf den Felsen gebaut, die Außenmauern sind quasi die Verlängerung des recht steil ins Meer abfallenden Felsens. So leicht kam da niemand bösen Willens hoch. Wir kamen natürlich in friedlicher Absicht über den Isthmus, vorbei am Hafen und großen Parkplätzen. Die schmale Straße hoch auf den grünen Hügel teilen sich Busse, PKW, Fahrräder und Fußgänger. Das Ziel der Autos: der nächste Parkplatz auf halber Höhe. Von hier aus hat man einen schönen Blick runter auf einen der rund 20 Strände von Paleokastritsa – dieser hier heißt Agios Spiridon.
Zurück zum Eingangsbereich. Es lohnt sich, das Tor genauer anzusehen. Denn unter dem Mosaik gibt es einen Schlussstein mit einer Jahreszahl: 1228. Der Überlieferung nach wurde das Kloster Paleokastritsa in diesem Jahr vom Mönch Euthymios Midas aus dem Dorf Pagoi an der Stelle gegründet, an der eine Ikone der Jungfrau gefunden wurde. Ob’s stimmt? Wer weiß, denn das älteste schriftliche Zeugnis über die Kirche stammt aus dem Jahr 1469. Da hat der Notar und Priester Stamos Goulis eine Urkunde gefertigt, in der er sich auf die Renovierung und Weihe der Kirche bezieht.
Wer den jungen Mann im Tor passiert hat, kommt stante pede ins Paradies. Das mag zwar naheliegend klingen bei einem Kloster, ist aber hier besonders auffällig: so viel Farbe, so viele Blumen! Gleich links sieht man einen Wandelgang (wenn es heiß ist: da ist es ein wenig kühler!), etwas weiter gelangt man dann in den Hof. An dessen Ende befindet sich der typisch corfiotische schmale, frei stehende Glockenturm, in der Mitte gibt es einen Brunnen. So ein Brunnen ist eine nette Einnahmequelle, denn es heißt (wie auch andernorts): wer eine Münze hinein wirft, wird wiederkehren. Es gibt Touristen, die das sehr ernst nehmen und immer wieder werfen – denn Münzen, die nicht in den Brunnen fallen, gelten nicht – selbst wenn man sie nicht wieder findet (wahrscheinlich sind sie dann Beifang für die Mönche!). Aber wenn es doch gar nicht geplätschert hat…
Die Kirche selbst ist von außen gar nicht besonders, eine einschiffige Basilika. Aber wie so oft sind es die inneren Werte, hier unschätzbare Ikonen und Gefäße. Der Blick nach oben lohnt immer (nicht nur in Kirchen), hier entdeckt man hundert Jahre alte Gemälde. Ein Mönch sitzt als Wärter an der Tür (Mützen und Cappies abnehmen in de Kirche!), ein anderer kümmert sich um die Leuchter. Irgendwas ist ja immer.
Das zum Kloster gehörende Museum vereint scheinbar Triviales (die Knochen eines Wales) und wahre Schätze wie eine Bibel aus dem Jahr 1518. In der Bibliothek des Klosters befinden sich neununddreißig Manuskripte, davon eins aus dem 11. oder 12. Jahrhundert. Und gleich nebenan gibt es den Souvenirshop, mit Olivenöl, Oliven und Kumquatlikör, die von den Mönchen hergestellt werden.
Am 15. August, Maria Himmelfahrt, feiern die Mönche im Kloster. Denn eigentlich ist das Kloster von Paleokastritsa ja das Kloster der Heiligen Jungfrau…
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