Altbekanntes in kreativen Variationen

Kochsternstunden 2025: Villandry (Dresden)

Villandry KSS25

Die Gaststätte im Haus Jordanstraße 8 hat ja eine lange und wechselvolle Geschichte. Im Barracuda trafen sich in den 90er Jahren Teile der damaligen Gastro-Szene zum Afterwork-Drink und erfreuten sich am – wie der geschätzte Kollege und Neustadt-Flüsterer Anton Launer gerne schreibt – legendären Glasrohr zwischen zwei Aquarien, in dem man gelegentlich Fische fliegen sehen konnte. Es gab Fisch auch auf dem Teller, und da der schwimmen wollte, viel zu trinken. Dann prägten Bernd und Uwe Haufe den Ort, mit Namenswechsel zum Villandry und einer der besten Küchen im Szeneviertel Neustadt. Als die Brüder 2018 gingen, wurde es erst einmal – hm: – nicht so gut, doch dann zogen 2021 mit Frank Grahl und Dirk Vogel neue Wirte ein, die man schon kannte – vom Sidedoor und vom St. Pauli. Also irgendwie gutes Trinken, gutes Essen. Und so isses dann auch seitdem im alten, neuen Villandry. Dieses Jahr macht das Restaurant erstmals bei den Kochsternstunden mit. Wir also hin!

Es ist (wie immer, wenn wir da waren) voll. Nicht alle nehmen das Kochsternstunden-Menü, das in drei Gängen angeboten wird, wobei man beim Hauptgang wählen kann: Fisch oder Fleisch. Wer sich vegetarisch ernährt, kann sich aus der Tageskarte ein entsprechendes Menü selbst zusammenstellen. Zu jedem Gang gibt es eine Weinempfehlung, die vom einfachen Rosé über einen Pinot Noir aus dem Burgund (zum Fleisch empfohlen) zu zwei sächsischen Weinen reicht: Chardonnay in einer Spezialabfüllung fürs Villandry von Martin Schwarz und den MoMu von Frédéric Fourré.

Mit-Geschäftsführer Frank Grahl steht im Villandry hinter der Theke, kommt als erfahrener Vollblut-Gastronom aber auch mit an den Tisch (wir saßen in Sichtweite!), um über Getränke zu reden oder auch nur, um Teller mit einzusetzen, so dass alle vier Gäste gleichzeitig anfangen können. Ansonsten war Restaurantleiter Kevin Grunicke für uns zuständig, der seinen Job allerdings ohne viel Worte verrichtete: Kam der Chardonnay, sagte er „der Chardonnay“ – das war’s. Bei den Menü-Gängen war’s ähnlich. Gerne hätte man mehr gewusst, aber in Sachen Weinservice gibt sich das Villandry eh sehr Neustadt-like: die Gläser werden hinter der Theke eingeschenkt und kommen ohne Flasche zum Gast. Sicher hätten wir dies oder das einfordern können, aber so war’s dann eben ein Testabend ohne Flaschenfotos und schon gar nicht mit Probeschluck.

Die Küche im Villandry ist zuverlässig gut, um das mal kurz und knackig vorab auf den Punkt zu bringen. Chefkoch Ole Röthig Becker bringt Altbekanntes in kreativen Variationen auf den Tisch – dabei sind die Portionen zwar groß, aber nicht wuchtig. Außerdem gibt’s bei den Kochsternstunden ja lediglich drei Gänge, klassisches Essen also ohne viel Tamtam. Los ging’s mit einem Manzo Tonnato – was ja fast wie Vitello tonnato klingt und auch deutliche Anleihen daran hat. Aber statt Kalb war die Grundlage Semerrolle, was ein deutlich zu wenig bekanntes Stück Fleisch ist – denn es hat Geschmack! Ein knackiger Romanasalat lag unter, ein großes Stück Thunfisch – nur leicht angegart und also innen roh – auf den dünnen Manzo-Scheiben. Das ergab in diesem Zusammenhang ein leckerhaftes Gesamtbild. Der dazu vorgesehene Wein – ein Lemberger Rosé vom Weingut Graf Neipperg aus Württemberg – hat unserer Tischgemeinschaft vor wie nach dem Gang besser geschmeckt als zum Manzo Tonnato selbst, wo wir nicht sooo von der Passform begeistert waren. Aber man soll ja zwischendurch auch immer Wasser trinken (und, Spoiler: wir hatten uns einen feinen Schäumer als Apero gegönnt: der passte auch hier noch primstens).

Fisch oder Fleisch? Am Tisch gab es je zwei Liebhaber fürs eine und fürs andere. Der Skrei in Comté-Butter-Sauce war gut, sagten die beiden Fisch-Genießer. Das Beef Stroganoff vor mir auch, aber als Selbstesser gibt’s dazu einige zusätzliche Anmerkungen. Zuerst einmal: wer das so googelt, wie es auf dem Menüzettel steht, wird erst mal gefragt: Meintest Du boeuf stroganoff? Antwort von Radio Eriwan: Im Prinzip ja. Denn auch hier hatte sich die Küche Abweichungen vom bekannten Original gegönnt – und wie zuvor: dem Erstaunen folgte die Freude. Denn beim traditionellen Boeuf Stroganoff erwartet man ja Kleingeschnetzeltes, während hier neben (oder korrekter: auf) dem Geschnetzelten eine große Scheibe Fleisch lag. Offensichtlich war es eine dicke Scheibe, die dann mittig geteilt wurde, so dass jeder einen angebratenen (unten) und einen offenen inneren Teil des Stücks (oben) hatte. Das Fleisch stammt aus der Gegend, denn möglichst regionale Produkte sind eins der Dinge, auf die man Wert legt im Villandry. Am 1. März werden Fritzi und Tobias von Bauers Hofladen sogar beim Menü dabei sein – das könnte spannend werden. Fazit: Das war, wenn man Fleisch mag, grandios und bestens gemacht.

Popcorn zum Schluss! Dank salzigem Karamell, Yuzu und Gewürzananas nicht nur süß…

Menü

  • Manzo Tonnato
    Semerrolle | Thunfisch Sauce | Romanasalat | Kapern-Brandade
  • Beef Stroganoff
    Saure Gurke und Bete | Austernpilz-Rösti | Schnittlauch-Sherry-Schmand
    ODER
    Skrei in Comté-Butter-Sauce
    Dill-Rösti | Schnittlauch-Sherry-Schmand | Schwarzwurzelsalat | gepickelter Blumenkohl
  • Weiße Schokoladen Aufschlag Ganache
    Yuzu | Gewürzananas | Salzkaramell Popcorn Eis | Biskuit | brauner Rum

Weinbegleitung

  • Graf Neipperg Lemberger Rosé, Schwaigern, Württemberg, DEU
  • Fleisch: Bourgogne Notre-Dame de Bonne Espérance rouge, Domaine Dubreuil-Fontaine, FRA
    ODER
    Fisch: Martin Schwarz Chardonnay Villandry, Meißen, DEU
  • MoMu Frederic Fourré, Radebeuler Goldener Wagen, DEU

Preis

  • 3-Gang Menü 65,00 € | inkl. Weinbegleitung 0,1 l pro Gang 87,00 €

Villandry
Jordanstr. 8
01099 Dresden

Tel. +49 351 – 309 728 77
villandry-dresden.de

[Besucht am 25. Februar 2025 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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Hinweis:

Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.

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