Never change a winning team! ist ja einer der bekannteren und akzeptierten Anglizismen. So nimmt es nicht Wunder, wenn das Carolaschlösschen nach dem Überraschungs-Coup des vergangenen Jahres auch bei den diesjährigen Kochsternstunden wieder die Azubis ran lässt. Schon bei der Pressekonferenz im Vorfeld des Menüwettbewerbs gab’s den ersten Gang aus dem Menü, und der schmeckte vielversprechend. Aber nicht nur zum Reinschmecken war der Vorfeld-Termin aufschlussreich, denn die Azubis richteten unter den Augen von Chefs und Presse den Gang an. Und sie taten das einerseits in aller Seelenruhe und andererseits so präzise, dass sich die Bilder von Anfang Februar und unserem Besuch jetzt kaum unterscheiden.
Die Idee, zum Wettbewerb ein besonderes und auch anspruchsvolles Menü zu machen, scheint die Azubis also anzuspornen. Und egal, ob sie dabei im Wettbewerb gewinnen oder nicht: die dort gemachten Erfahrungen sind sicher Gewinn genug. Das gilt übrigens nicht nur für Azubis, es fällt ja auch auf den Betrieb und dessen Ausbilder (m/w/d) zurück. Nicht ohne Stolz verwies Moyd Karrum – der Geschäftsführer vom Carolaschlösschen – darauf, dass das Team 2024 von der IHK als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet worden ist.
Beim Betreten des Carolaschlösschens mussten wir erst einmal schmunzeln: „Liebe Gäste, bitte warten Sie hier, Sie werden platziert“ steht auf dem großen Schild – was Einheimische entsprechenden Alters an nicht so gastro-freundliche Zeiten erinnert. Aber die Zeiten haben sich ja geändert, und (nicht nur) in der großen Ausflugsgaststätte ist es ja hilfreich, wenn das Personal einem zeigt, wo’s lang geht. Auch wenn man sich manchmal fragt, warum man Gästen Plätze reserviert, wo sie mit Kopf und Rücken in der Garderobe sitzen (obwohl andere Plätze/Tische frei gewesen wären).
Unsere Bedienung war – anders als im Vorjahr – keine Auszubildende mehr. Jung und kess wie sie war, hatten wir sie so angesprochen, was zur ersten Irritation ihrerseits führte. Um es vorweg zu nehmen: das Spiel der Irritationen endete unentschieden, denn wir gaben ihr noch zweimal zu denken – aber auch sie lieferte uns ob der ein oder anderen Beschreibung Gesprächstoff. Aber es war ein Freundschaftsspiel, also keine größeren Blessuren nirgendwo…
Zum Start in den Abend gab es gleich einmal eine kleine Showeinlage: geräucherte Nussbutter mit hausgemachtem Brot. Der Showteil bestand darin, dass die Nussbutter (was das ist, wurde uns erklärt…) unter einer kleinen Cloche lag, und beim Abnehmen des Glasdeckels stieg Rauch auf. Ein netter Gag, da hatte man auch gleich was zu reden. Der erste von den vier Menü-Gängen war der schon probierte, und wie schon angedeutet, sicher nicht der unkomplizierteste. Das Duett vom Rind war ein Tatar aus Rinderfilet aus der Radeburger Heide, sehr schmackhaft angemacht mit Koji, Kapern, geschmorten Schalotten, Sardellen, Öl und Senf. Das ist ja schon etwas mehr Aufwand, als man sich (meistens) zu Hause gönnt – und somit durchaus ein Grund, ins Restaurant zu gehen. Drumherum gab’s Markknochen-Mayonaise, die gerne unterschätzte (weil früher oft lieblos-falsch zubereitete) Schwarzwurzel in zwei Texturen: als Püree einerseits und dann kleine Stangen in Zitronenöl sous vide gegart und abschließend abgeflämmt. Weiterhin eine Mousse (angesagt als Eis) von Dijon-Senf, das Gelbe vom Ei einer Wachtel – acht Stunden in Sojasauce, Mirin und Ketjab Manis eingelegt, außerdem noch Tahini (Sesampaste) mit Kräutern sowie Sauerampfer nebst anderen Kräutern. Puh. Das alles sich auszudenken, vorzubereiten und optisch ansprechend auf den Teller zu bringen, verdient Beifall. Es auch dem Gast zu sagen, ist eine gute Idee – damit man einen Hauch von Ahnung bekommt, wofür man sein Geld in der Gastronomie lässt: Kreativität und Handwerk. Es ist kein Geheimnis, dass der Service das alles nur weiß, weil die Küche es aufgeschrieben (und vielleicht auch erklärt) hat. Wir waren jedenfalls zufrieden!
Die Erklärungen zu den vorgesehenen Weinen stand gleich auf der Karte, die am Platz lag, was im Grunde genommen eine gute Idee ist. Es ist auch nicht schlimm, wenn die Bedienung dann das gleiche sagt, wie auf der Karte steht (auch wenn es schade ist, denn punktuell auswendig Gelerntes klingt ja nie so gut wie wissend Vorgetragenes). Dumm gelaufen ist es dann nur, wenn da was Falsches geschrieben steht. Wir hatten es erst gar nicht gesehen, aber als unsere Bedienung im Brustton der Überzeugung sagte, der Mosel-Riesling habe 9 g Restzucker und das sei ja sehr wenig, zuckten wir dreifach am Tisch zusammen, probierten und taxierten den Wein auf höchstens 5 g Restzucker ein, eher weniger. Es sind, wie eine kurze Recherche ergab, übrigens 4,8 Gramm – bei einer Säure von 6,1 g und 12 % Alkohol. Das sind ja Werte, die man nicht wissen muss, aber man ahnt es: das machte diesen Mosel-Riesling (den es übrigens zum Hauptgang gab) so trinkfreudig. Zum Duett vom Rind war ein Spätburgunder von Martin Waßmer aus dem Markgräflerland empfohlen. Ein Start mit Rotwein ist zwar ungewöhnlich, aber machbar – und obwohl der Spätburgunder aus dem Badischen nicht alkoholarm ist, passte er ganz gut. Außerdem gab es auf Wunsch problemlos eine Alternative (die Wahl aus der Karte fiel auf einen 2023 Grüner Veltliner von Lukas Lehner aus dem Weinviertel).
Nachdem wir ja schon Fleisch am Anfang hatten, gab’s zur Suppe: Sushi. Wie, Sushi? Wir sollten uns überraschen lassen, sagte die Bedienung beim Einschenken des Sake. Kleinere Menge, weil mehr Alkohol, lautete ihre Begründung. Mit 15% alc ist er zwar nicht weit vom Spätburgunder entfernt (der hatte 13,5%), aber vielleicht geschah das ja auch, weil dieser handwerklich gemachte Sake kein Schnäppchen ist – gute Qualität kostet halt. Die Auflösung des Sushi-Rätsels kam dann als Teil der Consommé, die (wie mittlerweile üblich) erst am Platz angegossen wurde und dann dort auf eine Sushi-Rolle traf. Laut Menü Thunfisch, doch den fand/schmeckte man nur in geringer Menge. Viel Gemüse und der nette Trick, einen Teil vom Reis mit Roter Bete rot zu färben, sorgte für eine nahezu lachsähnliche Optik – aber egal: das war ein (pardon:) sauguter Gang mit viel Geschmack sowohl beim Sushi als auch in der sorgfältig balancierten Consommé.
Beim Hauptgang spätestens bemerkten wir den roten Faden: alles war irgendwie asiatisch angehaucht, aber nicht vordergründig – und vor allem: mit Bedacht und für den hiesigen Gaumen angepasst. Der Kohlenfisch war auf den Punkt gegart, außen knackig und innen gerade nicht mehr roh. Den kleinen fernöstlichen Touch bekam der Fisch durch eine vorherige Marinade (Miso, brauner Zucker, Chili, Koriander, Ingwer) und seine Beilagen: Pak Choy und asiatischer Radieschensalat.
Selbstverständlich passte das Dessert ins Konzept: eine Yuzu-Tarte mit Wasabi-Sorbet, Limefinger und Gels vom Kakao und der Himbeere. Den annoncierten Tannenzapfen sahen und schmeckten wir nicht – aber vielleicht sollte das ja auch nur ein Scherz am Rande sein…
Menü
- Duett vom Rind
Schwarzwurzel | Senf | Ei | Grünes Tahini - Umami Consommé
Pilz | Thunfisch | Reis | Kaviar - Black Cod – Kohlenfisch
Miso | Pak Choy | Radieschen | Koriander - Yuzutarte
Wasabi | Limefinger | Buchweizen
Getränkebegleitung
- Tafelwasser Still o. Sprudel
- 2022 Markgräflerland Spätburgunder, QbA Martin Waßmer, Baden
- SAKE HAKKAISAN junmai daiginjo
- 2022 Trittenheimer Riesling, Josef Rosch, Mosel
- 2024 Moscato d’Asti, DOCG Prunotto, Italien Piemont
Menü-Preis
- 3-Gang Menü 49,00 €
inkl. Getränkebegleitung 75,00 € - 4-Gang Menü 59,00 €
inkl. Getränkebegleitung 90,00 €
Carolaschlösschen
Querallee 7
Großer Garten
01219 Dresden
Tel. +49 351 / 2506000
www.carolaschloesschen.de
Öffnungszeiten:
Mo bis Sa 11–22 Uhr
So ab 10 –22 Uhr
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[Besucht am 23. Februar 2025 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]
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Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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