Neue Wege gehen – auch in der Getränkebegleitung

Kochsternstunden 2025: Gräfes Wein & fein, Radebeul

Wein und fein Klassiker KSS25

Am Tag danach, mit der Bewertungskarte der Kochsternstunden in der Hand, kommen Fragen auf. Bekanntlich kann man bei diesem Menüwettbewerbs als Gast (m/w/d) ja den Besuch in verschiedenen Kategorien bewerten. Beste Servicekraft beispielsweise? Da geht‘s ja schon los: ich war bei Gräfes Wein & fein und wurde laut Karte vom „Team W&f“ bedient, was sogar der Realität entsprach: Sylke Scholz und Torsten Ebert kümmerten sich um unseren und die anderen Tische, erklärten die Getränke, brachten das Essen. Letzteres taten aber, wenn es sich so ergab, auch mal die Küchencrew mit Manuela Engelmann Tyralla und Matthias Gräfe, der an diesem Abend mehr in der Küche als am Gast war. Also gut: Teamleistung.

Wie war die Getränke- oder Weinbegleitung, will das Bewertungstool von mir wissen. Ja, das ist beim Gräfe eine gute Frage – vor allem: wieso oder? Es gibt (das Bistro ist als einer von nur wengen Wineplaces bundesweit ausgezeichnet) sozusagen natürlich eine ziemlich gut durchdachte Weinbegleitung, vom Champagner über einen Best of Silvaner von Christian Stahl bis zum weißen Port. Aber dann bietet der Service auch noch zwei alkoholfreie Begleitungen zum Essen an, eine mit Säften von der Obtsaftkelterei van Nahmen und eine mit alkoholfreien (bzw. besser: entalkoholisierten) Weinen. Damit man sich nicht zu schnell und endgültig entscheiden muss, „kannst Du gerne bei jedem Gang aus einer anderen Kategorie bestellen!“, sagte die Sylke. Klingt fair, aber könnte zu langwierigen Bestellprozeduren führen. Tat es bei mir natürlich nicht, denn ich hatte Vorwissen aus erster Hand: es gibt da ja einen Podcast, in dem das Prinzip und die Getränke erklärt werden. Also war für mich klar: die Saftlinie. Außer zum Dessert, da sollte es der Port sein.

Und schon wieder eine schwierig zu beantwortende Frage: Wie kreativ war das Menü? Ja Herrschaftszeiten, was soll ich denn da sagen? Rinderroulade zum Hauptgang! Mehr klassisches deutsches Hausfrauengericht geht doch gar nicht! Und dann auch noch klassisch gemacht, mit Soße und Kartoffelstampf. Fast wie früher, aber butterzart! Es soll aber auch einige Menschen gegeben haben, die genau deswegen gekommen sind, nicht wenige Köche aus anderen Restaurants zum Beispiel. Um zusehen, wer sich das traut: Roulade!

Zuvor gab es Lachsboulette. Da waren allerdings ein paar Sidekicks dabei: der Miso-Joghurt und das angebratene karamellisierter Lauch in kleinen Stücken darunter, das Purple Curry darüber. Und der Lachs von einer Qualität, wie sie sonst wohl eher selten in Bouletten landet. Das (auch im Podcast, ab 26:25) gelernte Wissen, was Ji Hao Lachs eigentlich ist, half mir bei der Überwindung von auf Jahrmärkten oder an kostenfreien Fischbuden angegessenen Vorurteilen. Stichwort Vorurteil: ein Salat von Buchweizen ist zwar ein Klassiker im Bistro vom Gräfe, aber das sollte ja nur heißen: „Wir haben das einmal gemacht und dann haben die Gäste es immer wieder verlangt“. So oder so ähnlich hatte Matthias Gräfe es am Nebentisch erklärt. Nun gut: sooo hatte ich Buchweizen noch nicht erlebt (Gruß an die Westfalen und ihren Buchweizenpfannkuchen!), mit Edamame und Blattspinat, mit Frischcreme und Zwiebel-Chutney.

Nachdem ich das Prinzip Klassiker jetzt richtig verstanden hatte und dabei nicht mehr (nur) an Geschmäcker der Kindheit denken musste, konnte ich auch den Brotaufstrich besser einordnen, den es eingangs zum Massa Madre Sauerteig von Sascha Stiegeler gab: Rostbrätl stand da in der Karte, aber total fleischlos – also vegetarisch – zubereitet, erläuterte Team Service an den Tischen. Das ist ja relativ frischer heißer Shice, ich hatte das so irgendwann im Herbst vergangenen Jahres kennen (und lieben) lernen dürfen.

Von ganz am Anfang ein Sprung zum Ende des Menüs: eine gewagte Kombi aus Cheesecake und Kaiserschmarrn, die das Team Ende November (als die Menüs in die Kochsternstunden-Webseite eingepflanzt wurden) mehr als Idee denn als tatsächliches Dessert aufgeschrieben hatte. Wochen und mehrere Probedurchgänge später mit Verbesserungen hier und da wurde es dann aber dennoch was. Crazy, aber auslöffelnswürdig!

Wie war nochmal die Frage? Ob das Menü kreativ war? Hm. Ich überlege immer noch, ob ich trotz oder wegen der Roulade mit „nu!“ antworten soll. (Ist ja eigentlich egal, mit welcher Begründung: Ergebnisse zählen!)

CollagenDie Vielfalt bei der Getränkeauswahl hatte ich ja schon erwähnt – aber ganz ehrlich: man muss sich als bekennender Weinliebhaber ja einen Ruck geben, auch mal das andere zu probieren. Aber wenn schon Ex-Bundespräsidenten vom Ruck sprechen, der durch Deutschland gehen müsse, dann können wir ja im Kleinen anfangen. Also mit einem Juicy Tea statt eines Champagners, einer Konstantinopeler Apfelquitte statt eines weißen Tempranillo (beides van Nahmen). Zum Lachs gab es dann den entalkoholisierten Rosé von A. Diehl, den der Herr Gräfe seinen erschöpften Mitarbeiterinnen eines warmen Sommerabends eingeschenkt hatte – ohne was zu sagen. Und sie fanden ihn gut, also warum sollte ich nicht auch mal probieren? (Die Mädels hatten Recht!) Bei der Roulade sprang ein van Nahmen Morellenfeuer (Kirschsaft) in die Rotweinlücke, aber es gab den Stahl zur Gegenprobe. Und wie schon angedeutet: auf den Port wollte ich nicht verzichten. Das Team hatte entschieden, ihn on the rocks zu servieren: da hätte ich mir gewünscht, vorher gefragt zu werden: kalt ja, verwässert nein. Allemal nach einem (fast) alkoholfreien Abend nicht…

Das Menü

  • Küchengruß:
    Sascha Stiegelers Brot | Rostbrätelcreme
  • Salat:
    Buchweizensalat | Edamame | Blattspinat | Frischkäse | Rotes Zwiebel-Chutney
  • Lachsboulette:
    Karamellisierter Porree | Boulette vom Ji Hao Lachs | Purple Curry | Miso-Joghurt
  • Roulade:
    Kleine Roulade vom Rind | Rauchpaprika | Kartoffelstampf „ohne PiPaPo“
  • Dessert:
    CheeseCake „Kaiserschmarrn-Style“ | geröstete Pflaume | Mandel

Die Weine

  • Apero:
    Champagne Bonnair „Blanc de Blanc“ Extra Brut (auf Wunsch, 0,1 l 12 €)
    ich: van Nahmen Juicy Tea
  • zum Salat:
    2023 Tempranillo Blanco, Conde Valdemar, Rioja DOCa
    ich: van Nahmen Konstantinopeler Apfelquitte
  • zur Boulette:
    2022 Grauer Burgunder „Buntenhahlen“, Ambs, Baden
    ich: Weingut A. Diehl, Cuvée Rosé, alkfrei
  • zur Roulade:
    2023 „Best of“ Silvaner, Stahl, Franken
    ODER
    2022 Conte di Lucca, Montepulciano d‘Abruzzo, DOC
    ich: van Nahmen Morellenfeuer
  • zum Dessert:
    White Port, Ferreira

Der Preis

  • 4-Gänge inkl. Weinbegleitung, Mineral- oder Tafelwasser 95,00 €
  • 3-Gänge inkl. Weinbegleitung, Mineral- oder Tafelwasser 77,00 €

 

Gräfe‘s Wein & fein
Hauptstraße 19
01445 Radebeul

Tel. +49 351 / 8365540
graefes-weinundfein.de

[Besucht am 15. Februar 2025 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

.

.
Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden
…und es sollte auch gesagt werden, dass es enge Verbindungen zu Gräfe’s Wein & fein gibt – wer den gemeinsamen Podcast hört, ahnt mehr!

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*