Weinguides 2023: Vinum

Vinum Weinguide und App

Ein Alleinstellungsmerkmal hat der Vinum Weinguide: er lässt die Winzer nicht bezahlen für die Arbeit, die die Verkoster (und das Team) bei der Herstellung des Weinführers haben. Er ist quasi aus diesem Dilemma entstanden, denn als das Team erfuhr, dass ihr Weinführer Gault&Milau über Anstellgebühren nachdachte, war es not amused. (Ja, ich weiß: es war etwas komplexer. Aber so ist die Welt.) Aber mit dem Vinum Weinguide tat sich eine neue Gelegenheit auf, fast die ganze Mannschaft wechselte – und seitdem erscheint mit frischem Rot als Umschlag der immer noch einzige Weinguide, bei dem die Winzer zwar ihre Weine einreichen müssen, aber dafür nichts zahlen.

Zwei Weingüter in Sachsen, die in den anderen Weinguides nicht vorkommen.
Zwei Weingüter in Sachsen, die in den anderen Weinguides nicht vorkommen.

Anstellgebühren sind ja per se nichts Unanständiges, darüber aber nicht zu reden, macht’s dem interessierten – aber im Detail unwissenden – Weinmenschen schwer, die Texte und Bewertungen einzuschätzen. Und keiner schreibt drüber – außer der Vinum, in dem die beiden Chefredakteure Matthias F. Mangold und Harald Scholl versichern: „Der Guide erhebt von den Winzern keine Teilnahmegebühren. Diesem Grundsatz bleibt man bei VINUM auch weiterhin treu.“ Das Ziel sei ganz klar die redaktionelle Unabhängigkeit: „Kein Wein und kein Winzer von Bedeutung soll im VINUM Weinguide fehlen – das ist nur ohne Verkostungsgebühren zu gewährleisten“, steht in der Presseaussendung zur Buchveröffentlichung. (Im Podcast „Auf ein Glas“ sprach ich in der Folge 71 mit Matthias Dathan, der im Vinum Weinguide für die Region Sachsen zuständig ist. Die Anstellgebühren sind da ein Thema und werden im Text zur Folge aufgelistet.

Natürlich sind trotz des hehren Vorsatzes, dass kein Winzer (von Bedeutung) fehlen soll, längst nicht alle Winzer drin. Denn erstens gibt es deren für ein Buch zu viele (11.000 im Jahr 2021), zweitens sind sicher nicht alle „von Bedeutung“ – und drittens gibt es auch ohne Anstellgebühren eine recht natürlich Grenze des Wissens: die Winzer müssen ihre Weine einschicken. Wer das nicht macht (aus welchen Gründen auch immer), ist schlicht nicht dabei. Das erklärt vielleicht das Fehlen von Betrieben, die man im eigenen Bereich kennt und gar nicht mal so schlecht findet.

Mit dieser Verlags- und Redaktionspolitik (sowas geht ja eh nur zusammen, siehe die eingangs erwähnte weiterziehende Testerkarawane) ist der Vinum Weinguide der Führer im Gebiet Sachsen der mit den meisten Weingütern und besprochenen Weinen (14 Betriebe – das sind mehr, als die anderen zusammen haben!). Tausend Weingüter und knapp 11.000 Weine bundesweit verkostet das Team mit rund zwei Dutzend Experten. Sie bewerten die Weine nach dem 100-Punkte-System und kommen dabei zu Ergebnissen, die in der Beherztheit guter Einschätzungen zwischen Eichelmann und Gault&Millau oder falstaff liegen. Da das Kernteam sich schon ewig kennt und im Verlauf der Proben (Details verrät der Herr Dathan) auf Gebiets- und/oder Bundesebene immer wieder mal sieht, scheint die Bewertung in sich stimmig.

VINUM Weinguide Deutschland
1108 Seiten, 135 x 215 mm
Publiziert am 4. November 2022
Intervinum AG Zürich, 35,- Euro

[Alle Rezensionen der Weinguides 2023]

 

1 Trackback / Pingback

  1. Weinguides 2024: VINUM | STIPvisiten

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*