Menü mit Kube-Grün als rotem Faden

Kochsternstunden 2023: ElbUferei

Elbuferei

Wenn ein Hotelrestaurant mehr als gut gefüllt mit Stadtgästen ist, muss das schon besonders sein. „Kannste immer kommen! Sind noch nie enttäuscht worden!“, raunte es vom Nachbartisch herüber, wo (Dresden ist klein…) ein alter Bekannter uns gerade erkannt hatte und wir über die Schultern kurz smalltalkten. So ist das in der ElbUferei, in der seit Eröffnung des Arcotel Hafencity Marcel Kube für Geschmack auf den Tellern sorgt.

In einem Beitrag für den falstaff schrieb ich im Herbst 2022: „…und wenn es nun noch mehr und vor allem nicht so einfache Weine dazu gäbe, wäre der Genuss vollkommen“. Da hat sich mittlerweile ein wenig was getan. Die Karte wurde nur ein wenig aufgehübscht, aber für Sonderveranstaltungen ist es offensichtlich leichter, aus dem schwerfälligen Hotelketten-Bestellsystem auszubrechen. Zum Kochsternstunden-Menü (das es wahlweise in drei, vier oder fünf Gängen gibt), werden nur Weine von Martin Schwarz ausgeschenkt. Besser geht es in Sachsen nicht, wenn man den einschlägigen Weinguides folgen möchte.

Marcel Kube und sein Küchenteam haben sich ein Menü ausgedacht, das beispielhaft den Kochstil des Hauses in all seinen Facetten widergibt – alle Gerichte stehen auch so in der aktuellen Karte. Wenig überraschend also, dass Gemüse für den Geschmack immer eine tragende Rolle spielen, auch wenn mit Kalb, Stör und Hähnchen nicht-vegetarische Beilagen dabei waren. Das rief Erinnerungen an ein vegetarisches Menü wach, das Marcel Kube (lang ist’s her) 2019 bei den Kochsternstunden anbot – mit Sättigungsbeilagen andersrum für die, die das wollten.

Was die Küche besonders macht, ist, dass sie sich da nicht einfach abarbeiten am legendären „Das war schon immer so“. „Wenn Leerlauf ist, probieren wir neue Dinge aus!“, weiß Marcel Kube zu berichten – wobei: hat er wirklich Leerlauf gesagt oder nach der Schicht? Egal: sie probieren, sie tüfteln, sie machen. Das muss einem persönlich nicht immer in den Kram passen, aber den Versuch ist’s wert – auch Gäste können ja dazu lernen. Ich bin ja, um mal gleich hinten anzufangen, kein großer Liebhaber von Topinambur. Und dann auch noch beim Dessert! Aber: Statt sich von der Karte was anderes auszusuchen (was machbar war, nicht ganz so probierfreudige Damen am Tisch fragten und bekamen den Wunsch erfüllt), ging probieren über studieren – und siehe da: es tat nicht weh. Zumal ein restsüßer Riesling von Martin Schwarz zur Tröstung gewaltig beitrug: endlich mal eine wirkliche Rarität aus Sachsen!

Vom Vorbehalt-Gang zum Lieblings-Gang ist es ein großer Schritt zurück an den Anfang des Abends. Viel rot im ersten Gang: Rote Beete auf dem Teller, Roter Granit (2020er Riesling) im Glas. Aber der Wein war natürlich klar, und auf dem Teller konnte sich die Beete zwar geschmacklich behaupten, aber sie blieb optisch ganz bei sich: Stracciatella di bufala blieb weiß, ein grünes Öl (sowas wie ein roter Faden bei Kubes Gerichten, was ein gewagtes Wortspiel ist, aber irgendwie stimmt), etwas Kräuter für zusätzliches Grün: und schon ergibt sich ein rot-weiß-grünes Bild, das man von banaleren italienisch geprägten Vorspeisen ja kennt.

Der zweite Gang, ebenfalls der Kartenkategorie Davor entliehen, brachte Kalb ins Spiel, aber von der sonst nicht so häufig servierten Art. Denn von Nose to Tail schwärmen ja viele – aber wer macht’s? Und wer mag’s? Also in diesem Fall: Kube macht’s und ich mag’s. Es geht um Zunge und Bries, gut verpackt und daher mit Panko-Biss versehen. Schäumchen dazu und Kube-Grün (gleiche Farbe, aber ich glaube: anderer Geschmack) – zweitliebster Gang an zweiter Stelle serviert, das ließ sich an wie eine Siegerehrung persönlicher Geschmäcker. Der Wein dazu ein Blanc de Noir: passte. Was übrigens auch ganz gut ging, war die alkoholfreie Saftbegleitung. Zu jedem Gang hat sich das Team einen Saft ausgedacht, der eine der Zutaten besonders betonte.

Stör ist vielen Dekadenten ja nur in seiner sehr sehr frühen Phase ein Begriff: Kaviar. Je mehr Kaviar wir futtern, desto weniger oft gibt es Stör, so ist das. Nun also gab’s mal den Fisch: festes weißes Fleisch, vielleicht unterm Gemüse ein wenig zu sehr nachgezogen und durch – aber vielleicht muss das ja so, das war mein erster Stör… Der Gang hätte mir ohne den Fisch übrigens in seinem Zusammenspiel von Sellerie, Lauch und brauner Butter (plus Schäumchen mit Kube-Grün, dieses Mal sehr dezent eingesetzt) ausreichend kulinarischen Genuss gegeben, weil unterschiedliche Texturen einen be-merkenswerten Geschmacksakkord hinterließen (wem das sprachlich befremdlich vorkommt, finde bitte den Ursprung bei Tobias Wimbauer – unten anfangen!).

Nach dem Fisch das Geflügel: Hähnchen. Aber nicht in der bekannten Form (Crispy chicken gilt als ein signature dish des Hauses), sondern eher ins fernöstliche spielend und ziemlich nicht-zart&saftig. Dazu Blumenkohl und reichlich Champignons in Variationen diverser Zubereitungsarten und Konsistenzen. Dazu gab’s einen grandiosen 2020 Pinot Noir vom Friedstein, den mit den hiesigen Verhältnissen nicht vertraute Weinnasen blind sicher nicht nach Sachsen verordnen würden: ein Vorzeige-Pinot, der – wenn man ihn lässt – noch lange reifen kann.

Menü und Weinbegleitung

BEETE Stracciatella, Bittersalat & Kreuzkümmel
2020 „Roter Granit“ Riesling QbA trocken, Martin Schwarz

KALB Zunge & Bries, Schalotte, Meerrettich & Käsetrüffel
2021 „Weiss von Schwarz, Blanc de Noir, Martin Schwarz

STÖR Sellerie, Porree & Nussbutter
2019 „Friedstein“ Riesling QbA trocken, Martin Schwarz

HÄHNCHEN Blumenkohl, Champignon & Szechuan Pfeffer
2020 „Friedstein“ Pinot Noir QbA trocken, Martin Schwarz

TOPINAMBUR Apfel, Schokolade & Buchweizen
2017 „Goldstück“ Riesling QbA Restsüß

Die Preise:

3-Gänge-Menü (ohne Kalb u. Stör) 49 € – mit Weinbegleitung 72,10 €
4-Gänge-Menü (ohne Kalb) 59 € – mit Weinbegleitung 89,80 €
5-Gänge-Menü 69 € – mit Weinbegleitung 107,50 €

Elbuferei
Leipziger Strasse 29
01097 Dresden

Tel. +49 35 144 81110
www.elbuferei.de

[Besucht am 2. März 2023 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]


Hinweis:

Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.

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