Das Enotria da Miri läuft bei der Dresdner Boulevardpresse meist als Edelitaliener – was immer das genau ist. Wir denken ja, es ist ein guter Italiener, der sich am Ende des Riegels in der Kleinen Brüdergasse fest etabliert hat und immer mal wieder einen Besuch wert ist – nicht weniger, nicht mehr. Seit einiger Zeit gibt es nicht weit entfernt und in deutlich präsenterer Lage im Italienischen Dörfchen nun Miri’s Fischrestaurant (das dritte da Miri ist im Lucknerpark in Altfranken). Direkt mit Blick auf die Elbe, im Sommer respektive bei gutem Wetter auf dem Balkon – herrlich. Es gibt noch einen kleinen Balkon zum Theaterplatz, auch nicht schlecht. Wir waren jetzt im Rahmen des Menüwettbewerbs Kochsternstunden da (aber drinnen: für Balkon war’s zu kalt).
Ich hätte nicht nur Fisch essen können, denn sowohl beim Menü der Kochsternstunden als auch auf der ganz normalen Karte gibt es Fleisch (so wie es umgekehrt im Stammhaus auch Fisch gibt!). Aber Namen sind bekanntlich Schall und Rauch, also was soll’s? Denn natürlich gab’s für mich das Menü mit Oktopus statt mit Rinderfilet, was die wunderbar aufmerksame Bedienung Lusi spontan mit „Eine gute Entscheidung!“ kommentierte.
Lusi sollte es nicht leicht haben mit mir, denn wie viel schöne Augen muss man machen, um glaubhaft zu versichern: „da sind noch Reste auf dem Teller, aber es ist (mir) lediglich zu viel! Mit Gruß an die Küche: wirklich alles gut!“ Nur um dann, als der Dackelblick endlich zu wirken begann, das Dessert komplett zu verputzen? Natürlich sprachen wir drüber, und außer mir muss es bisher wohl nur einen anderen Menschen gegeben haben, der nicht alles aufgegessen hat. Ich liebe Leute mit so viel Tapferkeit! Nebenbei angemerkt: das Wetter nimmt keine Rücksicht auf individuelles Essverhalten, auch wenn Eltern das gerne ihren Kindern weis machen wollen. Es ist sogar so, dass Wetter und leer gegessene oder eben nicht leere Teller gar nichts miteinander zu tun haben!
Genug der Formalien, zum Essen. Und zum Trinken, vielleicht: Es gibt zwei Weinempfehlungen – rot und weiß. Zum Start empfahl Lusi aber abweichend einen Prosecco, was eine gute Idee war. Das kleine Gedeck mit Prosecco, Wasser, Oliven und Brot kürzt die Zeit zum eigentlichen Start ab, die Blicke schweifen: schönes geräumiges Restaurant, alle Tische mit Leinen, Servietten und Blumen eingedeckt. Neben der netten Lusi gab es noch einen befremdlichen Mitarbeiter, der das vor hundert Jahren in Helbigs Etablissement vielleicht hier aufspielende Ensemle von wirklichen Musikern ersetzen sollte. Heldentenöre live, Italoschmalz pur. Als der Stream einmal endete, schlug Lusi vor Entsetzen die Hände überm Kopf zusammen: La musica! La musica!
Der Auftakt des Menüs war eine cremige aufgeschlagene Kürbissuppe, bei der karamelisierte rote Zwiebeln Biss und Süße ins Spiel brachte. Etwas ratlos ließ mich zurück, was als Lachskaviar im Netz angekündigt war und als Kaviar auf der Karte im Restaurant stand. Kleine schwarze Kügelchen schlossen schon mal alles mit Lachs und Forellen aus – und bei der Menge schloss sich von vornherein eigentlich der echte Stör-Kaviar aus (der ist nämlich sehr teuer!). Der Geschmack war auch eher neutral, keinerlei Salzigkeit. Vielleicht war’s ja eine vegetarische Variante?
Paccheri im Pastagang gehören nicht zum Standardnudelrepertoire in deutschen Küchen. Sie sind quasi eine Doppelmagnum der Penne, also kurze sehr dicke Röhren. Sie waren sehr italienisch al dente gekocht, was mir gut gefiel, denn weich matschen kann die ja jeder. Das Garnelen-Tatar wurde vom Burrataschaum bedeckt, eine Krustentiersauce am Tisch angegossen – das ergab (mit dezenter Säure durch die Tomaten) ein rundes Geschmacksbild. Der begleitende Weißwein der Cantina Ottella erwies sich als ein passender Begleiter, der mehr Charakter zeigte, als man einem Lugana gemeinhin zutraut. Und da man hier eine Karaffe mit einem Viertelliter erhält, war das auch gut so: das Glas sollte ja auch zium Hauptgang reichen und der Wein auch dort bestehen!
Gegrillter Oktopus ist ja schon eine Geschmacksbombe, zumal wenn er in Soja mariniert wurde. Geschmacklich haute das gut hin, einzig die Tintenfischchips kamen etwas zu salzig rüber. Mit Erbsen, Erbsencreme und Auberginenmousse sowie einem frischen kleinen Sprossenwald gab es reichlich Begleitung zu den drei Oktopus-Stücken (die übrigens wunderbar zart waren).
Frisches Obst zum Dessert! Wie gesund! Und Obst im Eis – wie schön! Und ein leichter Blätterteig, das passt doch prima und lässt Platz für die Crème Chantilly, die den Blätterteigplaten halt und allem Geschmack gibt. Ob ich einen Espresso dazu haben wolle, fragte Lusi – aber ich mag den ja nie dazu, sondern lieber danach. Alles klar, natürlich geht das. Und den letztmöglich zu vergebenden Punkt für perfekten Service erhielt meine Lieblingsbedienung des Tages, als sie zum Abräumen des Desserttellers mit dem Espresso kam…
Das Menü
- Kürbiscremesuppe mit karamellisierten roten Zwiebeln und Lachskaviar
- Paccheri an gelben Kirschtomaten mit Tatar von Black Tiger Garnelen auf einer Espuma vom Burrata
- Marinierter Oktopus mit Soya vom Grill auf einer Erbsencreme mit Auberginenmousse mit frischer Minze und Tintenfischchips
oder
Tranchiertes argentinisches Rinderfilet auf einer Salbeisoße mit Kartoffelgratin und knusprigem Parmesanschinken - Blätterteig gefüllt mit einer Waldbeerenfrüchtecreme, flambiert mit Vecchia Romana und Apfelsinensorbet
Die Weine
- weiß: Le Creete Lugana DOC – Cantina Ottella Lombardei, am Gaumen saftig und cremig, erfrischend fruchtig
- rot: Enotria Nero di Troja IGP trocken, kräftig fruchtig und beerig
Die Preise
- 4-Gang-Menü 55 €
- Weine (0,25 l) je 9,50 €
Miri’s Fischrestaurant im Italienischen Dörfchen
Theaterplatz 3
01067 Dresden
Tel. +49 351 30 95 26 87
enotriadamiri.de
Öffnungszeiten
Mo – Di geschlossen
Mi – Sa 11:30 – 22:30 Uhr
So 11:30 – 22:00 Uhr
Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
1 Trackback / Pingback