Die Küche des Kobalt ist klein. Sehr klein. Vielleicht noch kleiner als Sie jetzt gerade denken. Viele Haushaltsküchen gehen deutlich großzügiger mit Platz um. Wie aus so einer kleinen Küche ein sechsgängiges Menü geschickt werden kann, ist also eine spannende Frage. Und wie es dann auch noch die beiden Köche Tim Ebert und Dennis Pentzold (und kurz vorm Servieren natürlich zusätzlich die Servicecrew) schaffen, sich nicht auf die Füße zu treten: das bleibt das Geheimnis der Küche. Denn für einen neugierigen Journalisten zusätzlich war auf Dauer kein Platz in diesem so wichtigen Raum im kleinsten Schloss Dresdens.
Wir waren ja vor gar nicht so langer Zeit schon im Kobalt – alles, was da zur Lage, zum Ambiente und so geschrieben steht, gilt natürlich immer noch, man kann es hier nachlesen. Und weil wir recht angetan waren, nahmen wir den Abschiedsgruß von Noura ernst, die uns damals wie jetzt hauptsächlich bediente (manchmal kam aber auch der Marko): „Tschüss – bis zu den Kochsternstunden!“ hatte sie uns in ihrer freundlichen Art hinterher gerufen. Das war ja fast wie eine Verabredung! Wir nahmen sie gerne an…
…und fanden das Kobalt so vor, wie wir es zuvor erlebt hatten: festlich eingedeckt, einfach chic. Obwohl wir ja eigentlich wussten, was uns der Abend bringen würde (Menü und Weinbegleitung stehen auf den Kochsternstunden-Seiten im Netz), sahen wir in die ausliegende Karte. Einerseits, weil uns die Technik immer noch begeistert (hintergrundbeleuchtetes Papier, prima lesbar), andererseits, weil man ja vielleicht noch was finden könnte. Und in der Tat war da was – auf jedem Blatt eine Entdeckung: links das Menü listete nicht nur die einzelnen Speisen/Gänge auf, sondern zeigte auch Symbole: vegetarisch bzw. vegetarisch möglich stand da bei jedem Gang. Das fanden wir schon mal sehr in Ordnung, denn eine gastfreundliche Küche sollte ja auch möglichst offen für die Gäste agieren. Zwei der sechs Gänge waren als vegetarisch gekennzeichnet – am Ende des Abends vermuteten wir nach dem Probieren, dass sie sogar vegan waren (dazu dann später mehr). Außerdem war jeder Gang einzeln ausgepreist – wer also nicht gezielt zum Kochsternstunden-Menü kommt, kann sich auch nur so was aussuchen.
Auf der anderen Seite standen die Getränke, ebenfalls mit Überraschung aus der Positivkiste: zu jedem Gang gab es nicht nur eine alkoholische, sondern auch eine alkoholfreie Begleitung. Und zwar eine durchaus durchdachte und wahrscheinlich (wir haben’s nicht probiert) auch passende. Also einen Driver Negroni (statt Kobalt Rosé mit Campari und Sarti) und statt Champagner und Wein alkoholfreie Varianten – aber die eben auch von namhaften Weingütern wie Miguel Torres und Valkenberg. Gäbe es bei den Kochsternstunden eine Kategorie Macher, die mitdenken – das wären hier glatte 5 Sterne.
Wir hatten während dieser Betrachtungen schon was bekommen: den erwähnten Apero, der ganz prima die Aufgabe erfüllte, den Magen auf Größeres vorzubereiten (bitter muss der sein – und dennoch fruchtig). Dazu ein kleiner Küchengruß, eine Flasche Wasser sowie Brot, Butter und Salz – da ist man ja schon gut eingestimmt. So richtig richtig los ging’s dann mit einem Glas Champagne Taittinger Brut Reserve (der hätte es gerne den ganzen Abend lang sein dürfen…) und einem Rindertatar. Gewolft oder individuell mit dem Messer geschnitten? Das ist ja immer ein Thema (händischer Messerschnitt ist meist besser!) – wir waren uns in der Einschätzung nicht ganz einig bis hin zum versöhnlichen Fazit: in diesem Fall egal, denn es hat geschmeckt. Würzig schon an sich und durch allerlei Tupfer, Blüten und Sprossen auch immer wieder anders geschmacklich angereichert.
Der zweite Gang gab den meisten Gesprächsanlass. Dazu muss man wissen, dass wir zu Hause zwar sehr viel vegetarisch, manchmal vegan (und ebenso manchmal Fisch und/oder Fleisch) essen – aber durch die Bekanntschaft vor allem mit zwei hiesigen Köchen gelernt haben, dass mehr Butter fast immer besser als weniger Butter ist. Mit solcher Prägung und dem in der Kindheit gelernten Begriff der guten Butter im Kopf triggert Beurre Blanc als Sauce schon arg doll und ruft komplexe Geschmacksbilder ab. Und was macht das nun mit dem Gaumen, wenn da Vegi davor steht? Wir hatten viel zu probieren und zu reden und kamen auf keinen gemeinsamen Nenner, zumal der Rest uns keineswegs ratlos am Tisch sitzen ließ: tolle Optik, herrliche Anrichte-Idee, kesse Kombi. Der Frau schmeckte es von Happs zu Happs besser, dem Mann blieben Zweifel. Das, sagte er, mit einer richtigen Beurre Blanc wäre der Hammer. Du, sagte sie, müsstest einfach mal offener sein und Deine Geschmacksvorurteile vergessen. Gut, dass wir drüber gesprochen haben!
Gerichte mit Jakobsmuschel haben es bei mir übrigens auch immer schwer. Weil ich sie mag und man sie auch gehörig falsch an den Tisch bringen kann. Wenn sie aber auf den Punkt gegart und auch noch in freundlicher Begleitung passender Zutaten serviert werden, hat man mich. Um es kurz zu machen: es gab nichts zu meckern, es gab also auch nicht so viel zu bereden. Die Jakobsmuschel kam im Suppengang – und Suppen werden ja schon seit einiger Zeit gerne in zwei Show-Gängen serviert. Zuerst der Teller mit dem festen Inhalt, dann aus einer Kanne die Suppe angegossen. Die drei Vorteile: kein Kellner (m/w/d) kann zwischen Küche und Gast Suppe ins Schwingen bringen. Die Suppe bleibt in der Kanne besser warm. Die Insta-Fotografen haben zwei komplett unterschiedliche Bilder für ihre Story. In diesem Fall besonders beeindruckend der Teller, Meißner Porzellan sowieso – aber hier nicht aus der einfachen gastrofreundlichen Serie. Ein Hingucker auch ohne Kamera (zumal nicht nur die weiße Nuss – englisch scallop – auf dem Teller lag, sondern auch der orangerote Rogen – französisch corail –, den es früher® ja fast immer dazu gab, seit langer Zeit schon aber nur selten)! Die Suppe dazu ist blau, was anderes darf es im Kobalt natürlich nicht sein. Wie im hauseigenen Gin sorgt die herrlich blaue Clitoria ternatea (eingedeutscht Blaue Klitorie) für die Färbung. Für zusätzlichen Geschmack waren Algen, Mandarine und Ingwer die Hauptlieferanten: wahrscheinlich war das unser Lieblingsgang, so rein subjektiv geschmackgeprägt.
Zwei Hauptgänge und ein Dessert folgten: beim Fischgang fanden wir erneut die farbenfrohe Optik beeindruckend. Wir nahmen die Meerbarbe mehr als Beilage zu tollem Gemüse wahr – was auch gut so ist, denn das wertet den Gang auch ohne Fisch auf (und die Menge war im Menü eh ausreichend). Das Kalb hingegen hätte ich auch ohne die klassischen Beilagen verkraftet: wachsweich geschmorte Backe (es gab auch extra Sauce im beigestellten Kännchen) und ein geschmacklich wie von der Textur schöner Gegenpol zum rosa saftigen Filet. Das Dessert schien uns wieder vegan zu sein – doch dieses Mal nach kurzer Verstädigung einhellig von der Sorte: wenn du es nicht weißt, merkst du es nicht und es schmeckt dir. Jackfruit kann man ja nicht nur süß im Dessert essen, sondern auch spicy vor dem Dessert – mit Curry und (wer mag) Huhn, zum Beispiel. So oder so: Kokos dazu ist immer eine gute Wahl – und mal was anderes auf der Zutatenliste…
Menü
- Rindertatar | Schwarzer Knoblauch | Eigelb
- Lauch | Soja | Pomelo | Vegi Beurre Blanc
- Jakobsmuschel | Algen | Mandarine | Ingwer | Schmetterlingserbse
- Meerbarbe | Chinakohl | Aubergine | Granatapfel
- Kalb – rosa & geschmort | Kartoffel | Karotte | Heu
- Jackfruit | Kokos | weiße Schokolade
Weinbegleitung
- Aperitif | Kobalt Rosé
- Champagne Taittinger – Brut Reserve
- Cuvée Blanc | Weingut Klumpp
- Vermentino Bolgheri DOC – Tenuta Guado al Tasso | Weingut Antinori
- Altos Ibéricos Crianza | Weingut Miguel Torres
- Riesling, Beerenauslese | Weingut Geschwister Köwerich
Preise
- 4-Gang-Menü 78,00 € | zzgl. Weinbegleitung (Aperitif | 3 Weine 0,1 l, Wasser & 1 Espresso) 39,00 €
- 5-Gang-Menü 86,00 € | zzgl. Weinbegleitung (Aperitif | 4 Weine 0,1 l, Wasser & 1 Espresso) 48,00 €
- 6-Gang-Menü 95,00 € | zzgl. Weinbegleitung (Aperitif | 5 Weine 0,1 l, Wasser & 1 Espresso) 57,00 €
Kobalt – Club Royal
Basteischlösschen
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Tel. +49 172 5205032
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Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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