Sachen, die man so nicht zu Hause macht

Marcel Spahn ist jetzt Senior Executive Chef im Taschenbergpalais

Marcel Spahn

Es gibt laute Köche, einige sind sogar sehr sehr laut. Einen direkten Zusammenhang zwischen Lautsein und Können ist dabei nicht immer ersichtlich. Und es gibt die Leisen, die unaufgeregt ihr Handwerk zelebrieren – und das sind nicht immer die schlechtesten. Marcel Spahn ist so einer aus der Gruppe derer, die denkbar ungeeignet für reißerische Geständnisse eines Küchenchefs (obwohl das Buch von Anthony Bourdain lesenswert ist 😉 ) sind. Als Marcel Spahn, der seit 2018 bis neulich die Küche im VEN geleitet und mit seinem Können und seiner unaufgeregten Art  dort Spuren hinterlassen hat, via social media seinen Abschied verkündete, zuckten wohl etliche seiner Stammgäste die Schultern und dachten sich: schon wieder einer der Guten weg – schade. Aber er ist ja gar nicht weg, sondern nur woanders: aufgetaucht im Taschenbergpalais und dort als Senior Executive Chef für die gesamte kulinarische Ausrichtung im Hotel Taschenbergpalais Kempinski Dresden zuständig.

Das ist ein großes Schiff, was es zu steuern gilt, und die Verantwortung für alle hauseigenen Restaurants sowie die Veranstaltungs- und Cateringgeschäfte verlangt sicher auch einige Stunden für die Bürokratie. So nimmt es nicht Wunder, dass Marcel Spahn bei einem Pressetermin mehrfach aufs Team verweist, ohne das so etwas ja gar nicht zu stemmen ist: 20 Köche und Köchinnen stehen ihm zur Seite, und das Serviceteam (unter der Leitung von Sophia Riedrich) kommt ja noch hinzu, um den Gästen im renommierten Hotelrestaurant den Aufenthalt zu verschönern. Wobei es Hotelrestaurants ja oft schwer haben, Stadtgäste anzulocken – seit Eröffnung des Taschenbergpalais als Hotel mit Bar und Restaurants am 31. März 1995 war das zwar immer das erklärte Ziel, gelang aber nicht so doll wie gewünscht.

Da ist es vielleicht ganz hilfreich, dass Marcel Spahn in den vergangenen Jahren im vorherigen Job nicht nur bei Hotelgästen gute Geschmackserinnerungen hinterlassen hat, sondern (auch durch Teilnahme bei den Kochsternstunden, beispielsweise) seine kreative Kulinarik in der Stadtgesellschaft bekannt gemacht hat. Und dann ist da ja noch die große Terrasse draußen vorm Kempi, die das Restaurant Das Palais nicht nur abends, sondern auch mittags zum Essen einlädt: Schwellenangst muss da keine(r) haben…

Marcel Spahn Das PalaisDer Blick in die Karte lohnt, denn wer etwas anspruchsvoller essen (und trinken) will, wird hier täglich fündig (was dem Hotel geschuldet ist, aber in der Dresdner Gastro-Szene mittlerweile eher die Ausnahme ist). Während des Pressetermins gab’s Probehäppchen für die Journaille und die normalen Portionen für die Fotograf*innen – Gerichte aus dem a-la-carte-Angebot und solche aus dem Menü. Das Ziel, in den Worten von Marcel Spahn: „Mir ist wichtig, dass man immer wieder ein Erlebnis auf dem Teller wiederfindet oder Überraschungseffekte auf dem Teller hat!“ Also nicht immer nur Kartoffeln, Fleisch und Soße auf die Teller bringen, sondern Sachen, die man so nicht zu Hause macht. Durchaus auch, weil man’s da so nicht kann.

Das ist ja im Prinzip eh die Grundidee für einen Besuch in der Gastro, und bei Marcel Spahn im Palais sieht das dann beispielsweise so aus: beim Vitello Tonnato kommt die Thunfisch-Sauce als Eis auf den Teller, die Kartoffelsuppe ist so gar nicht sächsisch, sondern ein lila Schaum mit Pfifferlingen und Quinoa Popcorn. Die gebratene Perlhuhnbrust hatte nicht nur Pilze, Perlzwiebel und wilden Brokkoli als Begleiter auf dem Teller, sondern auch (laut Karte) Cerealien. Klingt wie Cornflakes zum Frühstück, ist aber Buchweizen – aufbereitet wie Risotto. Die  Short Ribs mit Pfifferlingen, Mangold, Tamarillo und Kartoffel-Croissant waren 48 Stunden gegart – und das Dessert war ein Teller gewordener Cocktail: Sarti Spritz. Wie das geht? Ganz einfach: Crémant und Sarti mischen und zu Granitée verarbeiten, aus Blutorangen einerseits Panna Cotta machen und andererseits ein Gel, Mangos einlegen und – Zitat Marcel Spahn – „ein bisschen Schickie-Schickie halt noch und dann sind wir schon fast durch.“

Das Palais
Taschenberg 3
01067 Dresden

Tel. +49 351 4912 710
kempinski.com

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