Das Leben ist kein Ponyhof, und ein Weiberabend ist kein Mädelsabend. Denn anders als bei diesem durften bei jenem auch Männer dabei sein, wenn auch nur genießend. Die Frauen, die es möglich machten, würde man im Leben außerhalb einer „Weiberabend“ genannten Veranstaltung nie so anreden, sondern sich eher in Ehrfurcht vor ihnen verneigen – waren es doch vier wunderbare Winzerinnen, die elegante, fruchtige, wuchtige – ach: einfach leckere Weine machen und erstmals in dieser Konstellation zusammen unterwegs waren. Das gemeinsame Ziel von Anette Closheim (Riesling Entdeckung des Jahres 2013) von der Nahe, Theresa Breuer (4 Trauben Gault Millau 2013) aus dem Rheingau, Melanie Stumpf (2 Sterne Weinwelt 2012) aus Franken und Gesine Roll (Bester Sauvignon Blanc Rheinhessens Falstaff Magazin 2012) aus Rheinhessen war Dresdens Weißer Hirsch: Am Samstag-Abend trafen sie sich beim Sternekoch Stefan Hermann und Sommelier Jens Pietzonka im bean&beluga, tags darauf standen sie bei bestem Wetter mit ihren Weinen auf dem Konzertplatz beim Winzerinnenfest.
Den Wein von Anette Closheim hatte ich bei einem Arbeitsbesuch im bean&beluga im Sommer 2012 kennen und schätzen gelernt, von der Winzerin erhielt ich dann auf der Rechnung der im Nachgang bestellten Weine einen netten handschriftlichen Gruß (da zahlt man doch gleich viel lieber!). Nun war sie also leibhaftig da, mit neuen Weinen und fast immer einem ansteckend-fröhlichen Lächeln. Ihre Weine sind, wenn ich das mal so flapsig sagen darf, wie sie: frisch, knackig, aufregend-anregend. Und nein, das ist nicht bös gemeint, ganz im Gegenteil. Ihren Blanc gibt’s mittlerweile als eigene – fruchtigere – Cuvee in einer Spezialabfüllung fürs bean&beluga, er ist neben dem Riesling unser Liebling. Anette Closheim errang als erste Winzerin die Weinwelt-Auszeichnung „Riesling-Entdeckung des Jahres“ – aber wir würden auch ohne diesen Titel den Riesling immer wieder gerne trinken!
Im Weingut Georg Breuer arbeitet man seit 2010 biologisch. Die quirlige Theresa Breuer führt das Weingut souverän und stilsicher. Die Breuer-Rieslinge aus dem Rheingau sind natürlich mineralisch, sie balancieren die Säure wunderbar aus. Aber das kennt man ja, und irgendwie erwartet man das auch. Überrascht, und zwar sowas von!, war ich vom mitgebrachten Roten – denn die Weine des Gemeinschaftsunternehmens Quinta da Carvalhosa, bei dem neben dem Rheingau-Weingut Breuer auch der Rotwein-Spezi Werner Näkel von der Ahr und Bernd Philippi vom Weingut Köhler-Ruprecht (Pfalz) mitmachen, kannte ich nur theoretisch.
Praktisch ist immer besser, und wenn selbst der Zweitwein dieses 8 ha großen Spitzenguts so voll und würzig mundet, dann sollte man weiter recherchieren. Ach ja: Zum Rotwein gab’s was man wollte – aber wir wählten ein traumhaftes Stück Fleisch, das im Niedertemperatur-Verfahren vorbereitet war und im grünen Ei leicht geräuchert wurde. Smoked beef und der Douro allein könnten mich einen Abend lang ziemlich erfreuen, glaub ich!
Melanie Stumpf-Kröger vom Weingut Bickel-Stumpf ist trotz der gehäuften Doppelnamen in einem Satz eher jemand, die sich klar und präzise auszudrücken vermag: Sie ist ja auch eher Journalistenkollegin, hat für den VDP (dem Verband Deutscher Prädikatsweingüter) und eine weinaffine Agentur gearbeitet. Der Webseite des VDP-Weinguts sieht man derlei Professionalität an, und dass sie nun statt Buchstaben Wein verkauft, scheint ihr Vergnügen zu bereiten. Bickel-Stumpf, das sind einerseits Muschelkalk und Buntsandstein (nicht nur die Böden, auch die Weine!), das sind so wunderbare Ortsnamen wie Frickenhausen und Thüngersheim. Aber wenn schon junge Winzerinnen da sind, dann geht auch dies: Zu Melanies 26. Geburtstag durften sie und ihr Bruder Matthias eine Cuvée machen, ganz nach ihrem Gusto. Tausend Flaschen – aber die schlugen ein. Nun gibt’s mehr, und der 26 Rosé hat soeben meinen bisherigen Sommerliebling (aus Meißen) von Platz 1 vertrieben. Also gibt’s die im Wechsel, auch nicht schlecht. Was wir auch mit Interesse tranken: einen 2012 Kapellenberg Gemischten Satz – hier entsteht die Cuvée bereits im Weinberg, wo verschiedene Rebsorten (bei Bickel-Stumpfs bis zu zehn) einen langen Weg gemeinsam gehen – vom Weinberg, wo sie nebeneinander stehen bis zum Gast, der sie gemeinsam harmonisch aus der Flasche holt. Feine Sache, das.
Gesine Roll, alte Konzertplatz-Hasen erinnern sich, war im August 2009 schon einmal auf dem Weißen Hirsch zum Winzerfest – zusammen mit anderen Winzern aus Rheinhessen, die sich bei „message in a bottle“ zusammengeschlossen haben, um Spitzenqualität und Spaß unter einen Hut zu bringen. Ist ihnen gelungen, wenn man sich die Liste so ansieht und die Roll-Weine probiert. Vom 15 ha großen Weedenbornhof brachte Gesine Roll zwei knackige Rieslinge und, dies vor allem, den wunderbaren Sauvignon Blanc Terra Rossa mit. Der sei ein Terroiremonster, las ich, aber es bedarf der Ergänzung: ein liebes, ein ganz liebes. Eins, mit dem man kuscheln möchte und die Rahmenbedingungen einfach umdrehen, indem man sich nicht vom Monster verschlingen lässt, sondern es in sich aufnimmt. Aber langsam und mit Genuss…
Stefan Hermann vom bean&beluga hatte für den Weiberabend mit den vier Winzerinnen ein Flying Menü arrangiert, zu dem man sich die Weine selbst aussuchen konnte (oder, viel viel besser, sich von den Winzerinnen oder dem bean&beluga-Sommelier Jens Pietzonka beraten ließ). Es gab unter anderem Sardine, Gazpacho mit Hummer, Kalbskopfpraline, Fisch mit Chorizo und Risotto, das Entrecote, ein Bäckchen und drei Desserts. Und alles war, wie man es erwartet hatte: schlicht lecker. Und das ist ja eigentlich das wichtigste an so einem Abend…
… oder auch nicht: noch wichtiger könnte ja auch sein, trotz der eigenen guten Laune diejenigen nicht zu vergessen, denen in diesen Tagen das Wasser bis zum Hals stand. Die vier Winzerinnen hatten nicht nur Weine für den Abend mitgebracht, sondern je auch eine Rarität aus dem privaten Keller gesponsert, Sommelier Jens Pietzonka vom bean&beluga hatte ebenfalls eine Flasche aus dem Keller beigesteuert. 1.500 Euro waren diese Weine den Gästen des Weinabends im bean&beluga wert. Die Spende kommt dem flutgeschädigte Kinderhaus Jona in Dresden-Laubegast zu Gute.
bean&beluga
Bautzner Landstr. 32
01324 Dresden
Tel. 0351 / 44008800
http://www.bean-and-beluga.de
Gourmetrestaurant geöffnet: Dienstag – Samstag 18.30 – 22.00 Uhr
[Besucht am 15. Juni 2013 | Lage und Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]Disclaimer:
Sowohl Sylke als auch ich fotografieren manchmal für Stefan Hermanns bean&beluga.
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