Seine Antworten werden fehlen

Ralf Hiener † (1966–2024)

Ralf Hiener – 2017-03-30

Ralf Hiener ist tot. Der gelernte Koch, Kochbuchautor und Betreiber des Restaurants Raskolnikoff sowie des erst jüngst eröffneten Schnellimbisses Nu starb am Freitag vor Pfingsten.

Ralf Hiener ist gebürtiger Hotzenwälder, wie er stets betonte. Hinein geboren wurde er in eine Gastronomen-Familie – die Eltern betrieben in den 1960ern eine Pension mit Restaurant. So war zwar mehr oder weniger klar, dass Ralf Koch werden würde – aber nicht absehbar war, dass der Hotzenwald ihm bald zu eng werden würde. Nach der Lehre in einem Stadthotel am Hochrhein zog es ihn zu Wanderjahren in die Schweiz, und bald schon erweiterte er sein Wissen und das praktische Können in Top-Restaurants links und rechts des Rheins. Die Küchenmeisterprüfung bestand er 1990 in Villingen mit Erfolg. Es folgten Küchenchef-Stationen in St. Moritz und Bad Säckingen, dann führte ihn ein längerer Weg an die Ostsee, wo er sich 1997 mit dem „Weißen Hirsch“ in Born auf dem Darß mit seinem ersten Restaurant selbstständig machte. Es war ein Gasthaus mit gehobener Landküche – eine Einstufung, die das Bodenständige mit der Gourmetküche verband.

ralf Hiener mit Olaf Schnelle – 2014-11-22Nur wenig später sollte ein Werbebrief eine Wegmarkierung im Leben von Ralf Hiener einleiten. „Als ich zu Beginn des Jahres 1998 Post vom Gartenbauingenieur Olaf Schnelle öffnete, griff ich sofort zum Telefon. Da bot irgendein Verrückter selbst gesammelte Wildkräuter mit so verlockenden Namen wie Gundermann, Giersch, Taubnessel oder Sauerklee an. Zu bekommen wären die Kräuter zweimal wöchentlich, immer frisch gesammelt und im verzehrfertigen (!) Zustand direkt in die Küche geliefert“, schreibt Hiener 2001 im Katalog der „Essbaren Landschaften“. So nannten die Beiden die Firma, die sie – nachdem sie sich kennen gelernt und füreinander verträglich gehalten hatten, im Gutshaus Boltenhagen in Vorpommern gegründet hatten. Der Gärtner und der Koch – das war eine gute Symbiose, die der Spitzengastronomie (andere konnten sich die Preise wohl nicht leisten) neue Inspiration gab. Denn Schnelle und Hiener bauten und verschickten nicht nur Kräuter, sie boten auch die passenden Inspirationen (also Rezepte) dazu an. Und so listet der Katalog aus dem Jahr 2001 nicht nur 112 Kräuter auf, sondern bietet auch Rezepte von namhaften Köchen. Denn Hiener kannte viele und pflegte die Beziehungen. Und weil ja zu der Zeit kaum einer mit den Wildkräutern (die zudem meistens gerne auch Unkräuter genannt wurden) was anfangen konnte, wurden sie im ersten Teil beschrieben, lateinische Namen und Bilder inklusive.

Ralf Hiener und Petra Burckhardt – 2016-02-16Auch nach dem Ende der „Essbaren Landschaften“ (aber nicht dem Ende der Freundschaft zwischen Hiener und Schnelle) spielten die Kräuter eine große Rolle in der Küche von Ralf Hiener, der zusammen mit seiner Frau Petra Burckhardt seit 2014 die Geschicke des „Raskolnikoff“ in der Dresdner Neustadt leitete. Eine ehrliche, undogmatische Küche mit Fokus auf regionale Produkte aus Sachsen erwartet den Gast. Innerstädtische Landhausküche ist das eine Label, das sich Hiener und sein Team gegeben hat. Und dann gibt es natürlich die Pelmeni, die (zusammen mit der Axt, die aus Gemüse geschnitzt meist in den kräftigen klaren Suppen mitschwimmt) ein weiteres Markenzeichen des Raskolnikoff sind. Es war schon lange Hieners Wunsch, die Produktion der Pelmeni in einer einsehbaren Manufaktur mit angeschlossenem unkomplizierten Imbiss zu verbinden – am 10. April hat er – drei Tage nach seinem 58. Geburtstag – diesen Wunsch noch Wirklichkeit werden sehen.

Eröffnung des "Nu" mit Ricardo May – 2024-04-10Es war eine Eröffnung ohne große Ankündigung und schon gar nicht mit Feier und Reden. „Geht los!“ war eine Floskel, die man oft aus seinem Mund hörte, ebenso wie das kurze und für die Manufaktur namengebende „Nu!“. Dabei war Ralf Hiener keineswegs einer, der nicht reden konnte. Im Gegenteil: er hatte was zu sagen, denn das Fachwissen schien schier unergründlich tief zu sein – wer jemals im Wohnzimmer des Raskolnikoff bei einer Veranstaltung war und Hiener am Küchenblock werkeln sah, weiß es: während der Arbeit ließ er sich über die Schulter sehen und beantwortete gerne Fachfragen (und nicht nur die: wer seinen trockenen Humor verstand, konnte herzhaft mit ihm lachen). Seine Antworten werden fehlen, Ralf Hiener fehlt jetzt schon. Auch wenn er selbst an dieser Stelle ein gerne von ihm benutztes Zitat nicht eingesetzt hätte, seine Freunde und Kollegen würden es sicher tun: „Loki – das stimmt!“

Ralf Hiener zusammen mit…

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