Als Uli Kremer ein kleiner Junge war, fand er den Winzerberuf eher doof. Zu anstrengend, immer was zu tun. Konsequenterweise probierte er erst mal kurz was anderes – um dann festzustellen: da muss man ja auch arbeiten! Dann doch lieber Winzer werden und in Vaters Fußstapfen treten! Und so kam er nach Winzerlehre, Wanderjahren und Studiengang als Meister und Techniker 2014 in den Betrieb in Großheubach, den sein vater dort gegründet hatte – weil er wegen einer Mehlstauballergie die Tradition der Familie als Müller nicht fortsetzen konnte. Seit 2023 leitet Uli Kremer nun das Weingut, doch Vater Steffen ist als helfende hand immer noich dabei – genau so wie die beiden Ehefrauen: ein klassischer Familienbetrieb. Das Weingut wuchs in den Jahren auf 14 Hektar Rebfläche, die Spezialität sind – wie in Churfranken nicht verwunderlich – burgundische Rebsorten wie Spätburgunder, Chardonnay und Weißburgunder. Das einzigartige Terroir des Großheubacher Bischofsberg, geprägt von rotem Buntsandstein mit hohem Eisengehalt, verleiht den Weinen eine besondere Note. Besonders der Spätburgunder sticht hervor – er wurde mit dem renommierten „Best of Franken“-Preis ausgezeichnet und zeigt die Qualität, die das Weingut anstrebt. Selbstverständlich gibt es auch Silvaner, allerdings nicht irgendeinen: es sind 90 Jahre alte, wurzelechte Reben, die diesen Wein so besonders machen…
Mitten während der Aufnahme zu diesem Podcast signalisierte das vibrierende Telefon des Winzers übrigens einen Anruf, was Uli Kremer nach kurzem Blick aufs Display ignorierte. Es gehört zum guten Ton, das wegzudrücken bei laufenden Aufnahmen – zumal wenn die Nummer unbekannt ist. Wenn aber dann die gleiche Nummer nochmal und auch ein drittes Mal um Gehör bittet, dann sollte man vielleicht doch mal dran gehen. Und so erfuhr Uli Kremer, Winzer im churfränkischen Großheubach, dann gerade noch rechtzeitig, dass sein 2022 Pinot Noir Reserve zum besten Wein Frankens in der Kategorie Rote Burgunder gekürt wurde. Wir haben den Moment und die Freude danach inklusive des Aufbruchs zur Feier (Iphofen ist knapp eineinhalb Stunden mit dem Auto entfernt!) mit im Podcast. Den Frühburgunder probierten wir dann noch schnell mit dem Senior – aber der musste ja auch fort 😉
Zwei Tage später traf ich – zusammen mit den Journalistenkollegen Albert de Jong aus den Niederlanden, Marc Roovers aus Belgien und Victor Ledermann aus der Schweiz – Uli Kremer im Rahmen einer Pressereise wieder. Deswegen gibt’s auch noch ein Strahlender-Winzer-mit-Trophäe-Foto! Das Unikat in der rechten Hand von Uli Kremer ist übrigens ein Ceratit Nodosus. Wer oder was das ist, verrät die Pressemeldung des Fränkischen Weinbauverbands, der den Wettbewerb in diesem Jahr bereits zum 22. Mal veranstaltete: „Der Ceratit Nodosus, ein urzeitlicher Kopffüßer, steht symbolisch für die geologische Einzigartigkeit des fränkischen Weinlands. Der versteinerte Urzeitkopffüßer lebte vor 250 Millionen Jahren auf dem Gebiet des heutigen Weinanbaugebiets Franken während der Zeit, in der die einzigartige Gesteinsformation aus Keuper, Muschelkalk und Buntsandstein entstand. Kein anderes Weinanbaugebiet der Welt vereint unter seinen Böden alle drei Gesteinsarten der Trias – Muschelkalk, Keuper und Buntsandstein. Diese Kombination prägt den unverwechselbaren Charakter der Frankenweine – und macht sie zu echten Botschaftern ihrer Herkunft.“
Die im Podcast probierten Weine
- 2023 Chardonnay, Großheubacher Bischofsberg, trocken, Franken
- 2023 Silvaner Alte Reben, Großheubacher Bischofsberg, trocken, Franken
- 2022 Pinot Noir Reserve, Großheubacher Bischofsberg, trocken, Franken – „Best of Franken“ 2025
- 2022 Frühburgunder, trocken, Großheubacher Bischofsberg, Franken
Und hier wie immer der rote Faden unseres Gesprächs
- 00:37 heute mit U2: Uli Kremer und Uli van Stipriaan
wir sind in Großheubach am Main
in Churfranken – wo der Main am schönsten ist
ein bisschen abgesetzt von Franken – „wir sind der letzte Zipfel“
geografisch liegen sie zwischen Würzburg und Frankfurt
hier ist Franken: Burgunderland
Lieblingssorten: Weißburgunder, Chardonnay, Spät- und Frühburgunder
Besuch im Sept. 24
Frühburgunder wollte er nicht – aber seit er sie halt…
der frühreife Frühburgunder macht den Urlaub vor der Lese zunichte
von Simone Adams gelernt: FB zum Sekt nehmen. Ist noch früher und erspart auch Probleme mit KEF
Frühburgunder ist eine Diva
2021 war sein erster FB-Jahrgang
perfekte Trauben mit toller Säure und perfektem Körper gelesen
22 war auch sensationell – und 23 liegt noch im Fass - 05:23 im Glas: Chardonnay
er hat nicht diesen Duft-Klon – sein Vater hatte bereits vor über 25 Jahren burgundische Klone vom Chardonnay gesetzt
gute Lage im Berg: keine reine Südausrichtung, Hangfuß
karger, steinhaltiger Boden
mit 23er Jahrgang hat er das Weingut übernommen
im Betrieb ist er schon seit 2014, aber erst jetzt geht: genau SO wird’s gemacht
was sagt der Vater dazu?
Generationswechsel war sensationell: der Vater hat ihn machen lassen. Auch die Fehler…
ich will eine gewisse Veränderung reinbringen
er war viel unterwegs, hat viel gesehen und probiert / verkostet
mir gefällt die Stilistik, wenn Chardonnay nicht so fett ist
2023 schon bei der Ernte gesagt: wir wollen gar nicht so reif werden!
moderater Alkoholgehalt
…und eine gewisse eigene Säure hat
handgelesen in kleine rote Kisten und per Fuß angequetscht
nach zehn Stunden ab auf die Presse
warum mit den Füßen?
wir machen’s mit Stiefeln an
Gärung im Holzfass – burgundische Eiche
50% Neuholz, 50% gebrauchte Fässer
12 Monate im Barrique
dann über Schwerkraft abgelassen und von der Hefe getrennt und dann unfiltriert gefüllt - 10:08 es klingelt das Telefon
Hallo Uli, du wirst gleich angerufen von Haus des Frankenweins
es geht um Best of Franken… - 11:34 Preis ist überraschend: nur mit diesem einen Wein mitgemacht
sind schon drei Jahre dabei – hat nie gereicht…
jetzt ist der Pinot Noir 2022 zum Siegerwein gekürt worden
Best of Franken
Weine, die in der Prämiierung schon mal eine Goldmedaille gewonnen hatte, dürfen mitmachen
es gibt viele (elf) Kategorien
an diesen Termin hat er nicht gedacht und sich auch den Abend nicht freigehalten… 14:06 Rückblick zu den Anfängen des Weinguts
Uli ist die zweieinhalbste Generation: der Opa hatte mit wenig Rebflächen angefangen, nebenher: er war Müller
aber der Vater hat(te) eine Mehlstauballergie
und er fing an, wirklich gute Lagen zu kaufen/zu pachten
von einem Weinberg auf jetzt 14 ha
Vater hat im Staatlichen Hofkeller gelernt, danach Meister und Techniker gemacht
Vater startete dann auf ca 3 ha durch, vermarktet regional in eigener Heckenwirtschaft
2008 haben sie ganzes Weingut übernommen, das keine Nachfolgegeneration hatte
Filetstück im Großheubacher Bischofsberg vorletztes Jahr dazu bekommen – Terrassen mit Mauern.
Mauern sind ein Jahr lang saniert worden
der Mann ist mehr Künstler als Maurer!
unten im schweren Boden Silvaner, drüber im kargen Boden Spätburgunder
alles Dichtstockpflanzung mit 50 cm Stockabstand
10.000 Stöcke stehen da (aufs ha hochgerechnet)
warum so und nicht anders?
die Stockbelastung pro Stock ist deutlich geringer
Konkurrenz belebt das Geschäft 😉
Ertragsziel sind vier bis Trauben/Stock
junges Team im Weinberg mit Gabriel Restel (Sohn der Betreiber vom Gasthaus zur Krone)
er hat beim Weingut Fürst Winzer gelernt, war danach bei Griesel Sekt und Manicor
Eltern sind beide im Betrieb, die Frau auch.
Uli macht alles: Weinberg, Keller, Marketing – nur nicht gerne Büro- 22:22 weil wir in Franken sind, gibt’s Silvaner
nicht aus dem Bocksbeutel – „ich bin kein großer Fan davon“
aber es gibt welche, weil die Touristen das wollen
ich versuche die Leute zu erziehen: der Inhalt ist wichtig, ist doch wurscht wie die Flasche aussieht
über die Kremersche Qualitätspyramide
ein Stern: Ortsweine, zwei= Lage, 3 Sterne= Premium
Silvaner Alte Reben, gewachsen in Großer Gewächs-Lage
Großheubacher Bischofsberg Silvaner Alte Reben
wurzelechte Reben, 90 Jahre alt
0,2 ha, wenig Ertrag: reicht für ein Halbstückfass
Bischofsberg ist 40 ha groß (und ist aber auch eine Große Lage) 26:46 neu im Weingut: Engelberger Klostergarten. Monopollage von Kremer hinterm Kloster
eine der kleinsten eingetragenen Lagen Deutschlands, knapp 0,7 ha
Spätburgunder, Weißburgunder und Riesling steht da
liegt 180 m höher als die üblichen Weinberge
vor vier Jahren neu gepflanzt – gespant auf die ersten Jahrgänge
Jahrgang 2025 sieht bislang gut aus!
die Reben sollen mal gucken, wo sie ihr Wasser finden!
Wasser für die Jungreben: von den Dächern des Hofs und von einem Brunnen, muss in die Berge gefahren werden
der braucht Zeit! Nicht zu früh probieren!
sie bleiben 12 Monate im Fass, bis sie auf die Flasche kommen
und dort am besten auch nochmal 6 Monate…
Gibt’s genug Lagerkapazität? Nee! Alles voll, Garage inklusive
Ziel ist, das Weingut zu erweitern
klein, aber mit Charme. Keller sind alte Gewölbe
aber arbeitstechnisch schwierig
Neubaupläne für Kelterhalle und Rotweinkeller…
Anteil rot:weiß
war mal mehr Weißwein (70%), jetzt rot 60%, Tendenz der Roten steigend
1Spätburgunder ist hier auf dem eisenhaltigen Buntsandsteinboden das Nonplusultra- 32:41 es ist schon wieder so weit: es ist Spätburgunderzeit
2022 Großheubacher Bischofsberg Pinot Noir Reserve
im Ort wird er oft für verrückt erklärt: der Kremer geht schon Trauben lesen!
die Oechsle-Ralley ist out
Heckenwirtschaft vor der Sommerpause vor der Lese
18 Tage von elf bis Nachts Bude voll
family-business: Küche macht die Familie und Helfer
in Spitzenzeiten können da 200 Leute sitzen
warum ist der Wein „Reserve“?
bis er in den Verlauf kommt, vergehen immer zwei Jahre (18 Monate davon im Keller)
Ausbau: zunehmender Anteil Ganztraubenvergärung – 2022 waren es 50%. Spontan vergoren, spontaner BSA
Preis: (noch) 25 Eu
Steillagen, 100% Handarbeit – 1.500 Stunden Arbeitszeit pro Hektar!
die Weine davor: je 19,50 EU
er nutzt Korken bei den Großen Gewächsen Uli Kremer – Uli van Stipriaan – Stefan Kremer. Foto Victor Ledermann 41:42 Frühburgunder mit Stefan Kremer, dem Senior
Lehre in der Hofkellerei
Frühburgunder im Glas
sieben Weine zur Fränkischen Weinprämiierung angestellt – alles Rotweine
sieben Goldmedaillen auf einen Schlag bekommen!
der Sohn ist ein penibler Arbeiter
Weingut Kremer
Mühlgasse 12
63920 Großheubach
Tel. +49 9371/3270
weingut-kremer.de
Öffnungszeiten der Vinothek
Mo-Fr 8.30-12.00 & 13.30-18.00 Uhr, Sa 8.30-15.00 Uhr
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Hinweis:
Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden unterstützt mit einer Pressereise auf Einladung des Churfranken e.V.
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Auf ein Glas – der Podcast der STIPvisiten. Gespräche beim Wein. Über Wein. Über Essen. Und übers Leben, natürlich.
Alle Folgen unter diesem Link: podcast.stipvisiten.de
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