Wenn der Schampus die Suppe zähmt

Kochsternstunden 2025: Weberstube im Hotel Bei Schumann, Kirschau

Weberstube

Der Weg in die Oberlausitz ist weit (zurück übrigens gefühlt weiter als hin – woran das nur liegen mag?). Aber ein Besuch in Kirschau lohnt sich, und wenn es nur für ein Menü aus der Küche von Tobias Heldt ist. Der hat im Restaurant Juwel (das eins von mehreren im Hotel Bei Schumann ist) einen Michelin-Stern erkocht bzw. den vorhandenen verteidigt – und schickt in diesem Jahr aus seiner Küche erstmals auch das Kochsternstunden-Menü. Das wird in der Weberstube (ein anderes von den mehreren im Hotel) serviert, beinhaltet aber einen spannenden Mix aus dem Repertoire der Sterneküche und der ansonsten eher gut-bürgerlich ausgerichteten Weberstube.

Tobias Heldt und Jens Pietzonka bei der KSS-Eröffnung
Tobias Heldt und Jens Pietzonka bei der KSS-Eröffnung

Doch wie ich ja schön häufiger lakonisch festgestellt habe: wenn einer gut kochen kann und kreativ ist, dann merkt man das auch bei einfachen traditionellen Gängen. So gesehen bin ich gespannt auf ein nicht so beliebiges Ragout fin oder eine saftige Roulade irgendwann einmal… Das aber gab’s nicht, denn für die Kochsternstunden sollte es ja besonders sein. Und das nicht nur auf dem Teller, sondern auch im Glas. Jens Pietzonka, der nach neun äußerst erfolgreichen (und schönen!) Jahren in seiner Weinzentrale zurück in die Luxushotellerie gefunden hat, ist seit November vergangenen Jahres F&B-Manager im Hotel Bei Schumann – aber als leidenschaftlicher Gastgeber für so einen Job recht häufig auch am Gast. Zum Menü von Tobias Heldt hatte sich Jens Pietzonka etwas ganz Einfaches ausgedacht: zu jedem Gang Champagner. Wir halten ja schon immer Champagner zum Essen prinzipiell für eine gute Idee – mussten aber während des Essens feststellen, dass das Zusammenspiel der kräftigen Aromen aus der Heldt-Küche und den Champagnern von Laurent Perrier noch besser war als gedacht.

Bevor Tobias Heldt nach Kirschau kam, hat er in teils führenden Positionen bei Köchen wie Dirk Schröer (der war auch mal in Dresden in der Bülow!), bei Nils Henkel und bei Tim Raue gearbeitet – dort zuletzt als Küchenchef. Von Raue hat er auch seine Vorliebe für asiatisch inspirierte Aromenvielfalt und kräftige, wenig zurückhaltende Geschmacksnoten. Wir lieben das ja, weil viele Köche (m/w/d) ja gerne ins geschmacklich nivellierende Würzniveau verfallen, angeblich „weil die Gäste da sonst nicht mitgehen“. Das Wort angeblich deutet es an: ich glaube das nicht – so lange man in der Küche weiß, wie es geht. Aber das ist natürlich eine Herausforderung.

ZitronengrassuppeDiesen Ritt auf der Rasierklinge merkten wir besonders beim Suppengang: Die Zitronengrassuppe, pur gelöffelt, war nichts für schwache Nerven. Sehr kräftig gewürzt, mit Yuzu und Koriander gewiss auch nicht everybody’s darling. Auch unseren sonst fordernden Gaumen kam das heftig vor. Bis wir dazu den Laurent Perrier Ultra Brut nippten, abweichend von der sonstigen Gewohnheit, zur Suppe gar nichts zu trinken. Es war wie eine Offenbarung: die Suppe verließ ihr forderndes Niveau und pegelte sich da ein, wo wir sie uns gewünscht hatten! Und, unter uns Pastorentöchtern: auch der Champagner gewann. Denn so ganz ohne die Suppe war er doch deutlich fordernder als der auch ohne Speisebegleitung genossene La Cuvée Brut.

Cuvée Brut und StarterDie Cuvée ist ein spannender Mix aus 50% Chardonnay, 30 bis 35 % Pinot Noir und 10 bis 15 % Meunier (Schwarzriesling). Die Grundweine stammen aus 100 Gemeinden, – schon das macht’s irgendwie einmalig. Aber das eigentliche Geheimnis sind wohl die Reserveweine, die zugefügt werden – zwischen 15 und 30 Prozent sind es, die aus bis zu drei Jahrgängen stammen. Da merkt man, was diese Champagner so besonders macht: Handwerk und viel Wissen. Es gab die Cuvée (bei der ich bis jetzt die vier Jahre auf der Hefe verschwiegen habe…) zu Beginn, wir hatten sie zum freundlichen „Angekommen!„-Schluck, zum Brot (hausgebacken, übrigens), zum Amuse und zum ersten Gang. Kingfisch als Amuse und Jakobsmuschel als eigentlicher Start ins Menü entsprächen, so hatte es Jens Pietzonka uns erklärt, eher dem Stil des Sternerestaurants. Das merkte man vor allem an der Vielfalt der Aromen, die gar nicht in die einzelnen Bestandteile zerlegt werden wollten, sondern zusammen mit Salzigkeit, Schärfe, Süße und Bitternoten Zunge und Gaumen ordentlich zu tun gaben. Und selbst wenn man (wie ich) der Pinzetten- und Tupferküche eher skeptisch gegenübersteht: manchmal muss es sein, um diese Vielfalt hinzubekommen.

Hauptgang mit Cuvée RoséDer Hauptgang, so hatten wir die einleitenden Worte von Jens Pietzonka verstanden, entspräche eher dem Weberstuben-Stil. Nun gut, dann ist der eben doch nicht gut-bürgerlich, sondern bestens-bürgerlich! Das Short Rib 48 Stunden gegart – das klingt nach einem kuscheligen Sous Vide-Bad bei 60 Grad. Aber dann eben doch noch vor dem Servieren der Hitze ausgesetzt, um Röstaromen mit ins Spiel zu bringen. Das Kartoffelpüree war auch nicht ganz so wie bei Muttern, sondern mit Limette ein wenig frisch gemacht – so wie der lauwarme Gurkensalat sicher nur von Schwaben mit koreanischen Wurzeln so asiatisch angehaucht wäre. Die dazu eingeschenkte Cuvée Rosé (aus 100% Pinot Noir mit 5 Jahren Flaschengärung) war ein idealer Begleiter – und wäre, wenn es nur ein Champagner für den ganzen Abend hätte sein sollen, sicher mein Favorit gewesen. Und er hätte (für mich…) auch sicher gut zum Dessert gepasst, dass mit kräftiger Schokolade (wie ein Riegel dunkler Mousse au chocolate) und einer fruchtigen Himbeer-Sauce essenstechnisch einen fabelhaften Abschluss ergab. Doch mit dem Laurent Perrier Demi Sec als Dessert-Schampus kamen wir nicht so klar wie mit den anderen zuvor. Keine Ahnung, welcher Champagner im Parfait gelandet war: das schmeckte, selbst wenn es der Demi Sec war 😉

Menü

  • Kingfisch | Mandarine | Rettich
  • Gebeizte Jakobsmuschel | Champagner | Curry Jaipur
  • Zitronengrassuppe | Backhendl von der Maispoularde | Yuzu und Koriander
  • 48h gegartes Short Rib vom Omaha Angus Rind | Limetten-Kartoffelpüree | lauwarmer koreanischen Gurkensalat
  • Parfait vom Champagner | Himbeeren | dunkle Schokolade

Weinbegleitung

  • Laurent Perrier La Cuvée Brut (Amuse und 1. Gang)
  • Laurent Perrier Ultra Brut
  • Laurent Perrier Cuveé Rosé Brut
  • Laurent Perrier Demi Sec

Preis

  • Menü inkl. Champagner (je Gang 0,1 L) und Selters Mineralwasser 162,00 € | Menü ohne Getränkebegleitung 85 €

Restaurant Weberstube
Bautzener Straße 74
02681 Schirgiswalde-Kirschau, OT Kirschau

Tel. +49 3592 520-0
bei-schumann.de

Öffnungszeiten: Di – Sa ab 17:30 Uhr

[Besucht am 4. März 2025 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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